Meine uneingeschränkte Solidarität gilt den 100.000 VW-Beschäftigten, die am Montag gegen geplante Werksschließungen und Lohnkürzungen streikten. Es ist leider ein vertrautes „Spiel“, das hier gespielt wird. Ausgerechnet Jene, die am wenigstens mit den Managementfehlern der Vergangenheit und Gegenwart zu tun haben, sollen die Zeche für dieses Versagen zahlen, während das obere Management nicht im Ansatz auf die Idee kommt, selbst solidarisch Gehaltsverzicht zu üben oder mit den Aktionär*innen über mögliche Sparszenarieren auf Dividenden-Seite zu sprechen. Erhielten diese doch spannenderweise mit 4,5 Milliarden Euro einen Betrag, der nun eindeutig im „Säckel“ von Volkswagen fehlt, neben den Rückstellungen in Milliardenhöhe für die Transformation, die gern auch als „Verluste“ missgedeutet werden.
Dennoch: Mir geht der Fokus, der hier vor allem auch von der Gewerkschaft als Vertretung der Arbeiter*innen gewählt wird, nicht weit genug. Streik gegen Entlassungen und Standortschließungen ist ein nachvollziehbarer, aber in meinen Augen nicht zielführender Streik. Denn es gilt zu klären: Wofür streiken wir? Und streiken wir „nur“ als VW-Angestellte oder als große Gemeinschaft von Klimabewegung bis „würdevoll altern“. Uns allen fehlt eine gute Basismobilität, da in zu vielen Regionen von Deutschland nur gut lebt, wer einen Führerschein und ein eigenes Auto mitbringt. Das ist ein Zustand, der gegen das Grundgesetz und alle Klimaurteile gleichermaßen verstößt.
Zudem wundert es mich, dass der letzte Massenstreik bereits sechs Jahre her ist, kein gutes Zeichen, wird von externen Beobachter*innen doch schon lange angemahnt, dass die Industrie die überfällige Transformation entschlossener gestalten solle. Ich kann nicht beurteilen, wie hier die internen Prozesse gelaufen sind, ich weiß aber durch meine Besuche vor Ort in Wolfsburg, dass es nicht wenige progressive „Arbeiter*innen“, aber auch Verwaltungskräfte gibt, die sich für die Transformation des Konzerns zum klima- und sozial gerechten Lösungsanbieter von Mobilität einsetzen. Gern empfehle ich hier die Dokumentation „VW steht für VerkehrsWende”, der im Rahmen eines zweijährigen aktivistischen Projektes in Wolfsburg entstanden ist.
Zitat:
Im August 2022 ging eine Handvoll kreative Aktivist*innen für zwei Jahre in die „Höhle des Löwen“, nach Wolfsburg, ins Herz der Automobilindustrie. Ihr Ziel: Den automobilen Konsens aufbrechen – durch kreative Kampagnen und bunte Aktionen gemeinsam mit kämpferischen Arbeiter*innen ein Möglichkeitsfenster öffnen.
Der Film versammelt von Betriebsräten bis hin zur Bevölkerung Stimmen, die mit und nicht gegen Volkswagen die notwendige Veränderung gestalten wollen, auch um die Attraktivität ihrer Region und die Wirtschaftskraft der Industrie nicht zu gefährden. Ihre Teilnahme am Projekt und am Film abgesagt haben leider Manager*innen, Betriebsratsvorsitzende und Vertreter*innen der automobilen Clans innerhalb der Aktionär*innen.
Das Absurde: Profite der Volkswagen-Eigentümer von Wolfgang Porsche bis zum fossilen Emirat Katar sprudeln ungebremst weiter. Daher stellt sich den Beteiligten aus dem Volkswagen-Konzern im Film auch die Frage, wer Besitzer*in des Unternehmens sein sollte? Kurzfristig profitorientierte und fern den Mitarbeiter*innen agierende Kapitalist*innen oder die Arbeiter*innen selbst, die weit mehr Offenheit und Fachwissen für die Transformation mitbringen? Mir ist bewusst, dass solche Fragen schnell als Träumerei und unrealistisch abgetan werden, ich aber sehe es als realitätsverweigernd an, den Schlingerkurs ins Markt-Aus weiter als den richtigen Weg anzupreisen.
Seien wir ehrlich: Die Krise der Automobil-und Zulieferindustrie ist schon Jahre, wenn nicht sogar schon ein Jahrzehnt alt.
Davon zeugt auch mein eigener Blog:
25. August 2020: Klimakrise – Autokrise
4. Mai 2020: Offener Brief eines Automechanikers: Nie wieder Abwrackprämien!
Eine Maßnahme, die vielleicht schon vergessen wurde – weil es derlei zu viele gab?
8. April 2020: Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Autos ist nicht zukunftsgestaltend.
6. Februar 2020: Arbeitsplätze zu halten, verhindert Zukunftsfähigkeit.
8. Januar 2020: Was bedeutet die „Brandrede“ von Herbert Diess für VW – und die Branche?
Oder auch im Podcast:
9. Oktober 2022: Christian Endt: Warum müssen wir 2025 aufhören, Verbrennerautos zu bauen?
Allein in den vergangenen fünf Jahren wurden an die 60.000 Stellen ins Ausland verlagert oder
vernichtet. 773 000 Menschen arbeiten nach eigenen Angaben in der Autoindustrie. Zum Vergleich: Aktuell arbeiten allein in Pflegeheimen 814.000 Menschen. Diese haben aber aufgrund ihrer geringeren Einkünfte sehr viel weniger Lobby. Da sie „nur“ pflegen und nichts „bauen“, da auch die Arbeitsplätze, die ihnen nachgelagert sind, nicht in dem euro-wertigen Maße schaffen.

Erinnern Sie sich an den ersten Autogipfel bei Angela Merkel, als uns eine Millionen Elektroautos in 2020 versprochen wurden? Von der seltsamen Bebilderung in der FAZ mal abgesehen: Das ist 11 (!!!!) Jahre her! Kaufprämien wurden damals sogar noch ausgeschlossen. 2019 sagt Robert Habeck in einem Doppelinterview mit dem damaligen Volkswagen-Chef Herbert Diess: „Wenn Sie 2025 kein E-Mobil für unter 20.000 Euro anbieten, dann werden Sie – so fürchte ich – im Markt scheitern.“
Und das sind nur zwei von vielen Aussagen und Hinweisen, die die deutsche Autoindustrie eher ignorierte als sich zu Herzen nahm. Man kann von der Managementkompetenz eines Diess halten, was man will: Vollelektrisch war sein Kurs. Vielleicht war dies auch einer der Gründe, warum er frühzeitig gehen musste?
Wo aber liegen nun die Lösungen!?
Und jetzt kommt der Teil des Textes, wo Sie bitte alle paar Sekunden „das ist doch unmöglich!“, „Sie Träumerin!“ oder Schlimmeres denken, gern laut ausrufen. Denn das gehört dazu, wenn Menschen wie ich Vorschläge unterbreiten – Menschen, deren Imagination mit großer Freude und Detailgenauigkeit jeden Tag eine gute Zukunft für alle entwirft. Und dabei immer mehr wunderschöne Facetten entdeckt, die ergänzend noch mehr Menschen mitnehmen.
Einigen wir uns erstmal auf ein paar Ziele?
Das klappt meistens noch ganz gut, da fast alle von diesen ja sogar schon in Verträgen stehen, die innerhalb unseres Landes oder gar mit anderen Ländern unterschrieben worden sind.
Mobilität ist unverzichtbarer Teil des täglichen Lebens. Verkehr ist jedoch auch einer der größten Verursacher von Treibhausgasen in Deutschland. Um den Anforderungen des Pariser Klimaschutzabkommens und dem Ziel des Bundes-Klimaschutzgesetzes für 2030 gerecht zu werden, muss der Verkehr in Deutschland seine Treibhausgasemissionen bereits in den kommenden Jahren schnell und drastisch mindern. Umweltbundesamt
2023 verursachte der Verkehrssektor 146 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente und verantwortete damit 22 % (!!!) aller Treibhausgasemissionen Deutschlands. Dieser Anteil ist im Vergleich mit dem Referenzjahr 1990 um neun Prozentpunkte gestiegen. Und das, obwohl Motorentechnik sich verbesserte. Der Grund: Immer größere und damit immer schwerere Pkw .

Handelsblatt: VW, BMW und Mercedes setzen verstärkt auf Luxus und Masse. Baureihen wie CLA und S-Klasse werden immer wuchtiger. Experten warnen derweil vor Verschleiß von Straßen und Brücken.) Mit nur 10,9 % Minderung gegenüber 1990 hat der Verkehr seine Emissionen dabei – verglichen mit anderen Sektoren – deutlich weniger verringert.
Laut einer Studie der Umwelt-NGO Transport & Environment (T&E) werden Neuwagen in Europa im Durchschnitt alle zwei Jahre 1 cm breiter. Laut T&E wird sich dieser Trend aufgrund der steigenden Verkäufe von SUVs fortsetzen, sofern der Gesetzgeber nicht Maßnahmen ergreift. In vielen Ländern ist bereits etwa die Hälfte der verkauften Neuwagen zu breit für den Mindestparkplatz auf der Straße. Dazu habe ich auch bereits einen Podcast aufgenommen:

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