Zum Inhalt springen

Prof. Petra K. Schäfer: Wie ist das denn nun mit der Vorschrift, dass Parkplätze breiter werden müssen?

Prof. Dr. Petra K. Schäfer ist Leiterin des Arbeitsausschusses Ruhender Verkehr der FGSV. Sie kam nach einem Vortrag von mir beim Hessischen Mobilitätskongress auf mich zu und sagte: „Sie haben mich gerade kritisiert.“ Und ich wusste tatsächlich erstmal nicht, was sie meinte. Was sie dann aber schnell erläuterte: Ich habe mich im Vortrag – wie viele andere auch – darüber echauffiert, dass das unstoppbar scheinende Wachstum von Autos in Länge, Breite, Höhe nun auch noch dazu führt, dass Parkplätze breiter werden sollen. So einfach sei es nicht, sagte mir Prof. Schäfer. Und ich lud sie zu dieser Podcastfolge ein, um Klarheit zu schaffen.

Schön, dass du reinhörst!
Wenn dir diese oder auch eine andere Folge gefällt, lass´ gern eine Bewertung da und/oder supporte mich per Ko-Fi oder PayPal. Meinen wöchentlichen Newsletter gibt es bei steady.

Petra Schäfer, Professorin für Verkehrsplanung an der Frankfurter University of Applied Sciences, wirkt in ihrer Eigenschaft als FGSV-Ausschussleiterin an dem Entwurfsregelwerk mit, das im September diesen Jahres in seiner endgültigen Fassung vorgestellt werden wird. Ein Detail daraus wurde bekannt und sorgte für Aufruhr: Künftig wird für Parklücken nicht mehr die aktuelle Breite von 2,50 Metern empfohlen, sondern 2,65 Meter. Eins vorweg: Die neuen Rahmenbedingungen beziehen sich auch auf neue Parkplätze, also nicht den Bestand. Für diesen könnte es sogar möglich werden, dass aktuelle und damit überdimensionierte Autos eher weniger Abstellflächen im Bestand finden. Am Straßenrand sollten Parkplätze auf zwei Meter begrenzt bleiben, sagt Petra Schäfer. Sollte es hier Bedarf für breitere Stellplätze geben, sollten eher die Fahrbahnen für Pkw verkleinert werden als Geh- oder Radwege.

Zum Hintergrund:

Wie der ADAC 2021 feststellte, hat ein Neuwagen der Kompaktklasse mittlerweile eine Breite von 1,78 Meter – ohne die Außenspiegel. Das sind 20 Zentimeter als in den 70ern. In der Studie „Autos und Stadtraum“ der Technischen Universität (TU) Berlin heißt es ergänzend: Pkw seien kontinuerlich seit den 50ern immer länger geworden. Die maximale Länge betrage 6,80 Meter – 60 Prozent mehr als 1950. Ähnliches gelte für die Breite: Aktuell mehr als 2,10 Meter – eine Steigerung um fast 35 Prozent. Folge: Parkplätze aus vergangenen Jahrzehnten sind für die Autos von heute zu eng. Petra Schäfer sagte mir im Gespräch, dass sie seit Jahren auf die Autoindustrie einzuwirken versucht, endlich dem beständigen Wachstum ihrer Fahrzeuge Einhalt zu gebieten. Aus dem einfachen Grund: Der öffentliche Raum wächst nicht. Er kann sich – und sollte es auch nicht – den Maximaleventualsbedarfs-Pkw unterwerfen. Zumal die Folge in der bestehenden Infrastruktur logischerweise auch zu Parkplatzmangel führt. Wir alle haben wohl schonmal Menschen in großen Pkw beobachtet, als sie das dritte Mal an uns vorbeifahrend vorführten, was geschieht, wenn das Auto nicht mehr in die Lücke passt.

Ziel ist es, die entwurfstechnischen, bemessungsrelevanten und betrieblichen Aspekte des ruhenden Verkehrs innerorts, außerorts, im öffentlichen Raum und auf privaten Flächen zu behandeln, hierzu Regelwerke zu erarbeiten und dafür erforderliche Forschungsarbeiten zu initiieren, konzipieren, betreuen und auszuwerten.

Kennt ihr die FGSV?
Die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V. – kurz FGSV – erstellt das Technische Regelwerk für das gesamte Straßen- und Verkehrswesen in Deutschland. Sie ist das unabhängige deutsche Kompetenznetzwerk für Forschung und Wissenstransfer im gesamten Straßen- und Verkehrswesen. Auf diesen Seiten stellen wir Ihnen unser umfassendes Informations- und Serviceangebot zur Verfügung. Für Einsteiger und Einsteigerinnen in das Thema genauso wie für Medienschaffende, Fachleute oder Studierende und Auszubildende. Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir freuen uns auf Anfragen, Austausch und Mitarbeit.

Kennt ihr die EAR?
Die EAR sind ein wegweisendes Dokument, das die Planung, Gestaltung und den Betrieb von Anlagen des ruhenden Verkehrs im Straßenraum und auf Parkplätzen regelt. Sie dienen als Grundlage für die Optimierung des ruhenden Verkehrs und tragen somit zur Verbesserung der Mobilität in unseren Städten bei. Die aktualisierte Version der EAR 23 löst die Ausgabe von 2005 (EAR 05) ab und enthält wichtige Neuerungen und Anpassungen, die den aktuellen Anforderungen und Entwicklungen im Bereich des Parkens gerecht werden.Das Einführungskolloquium bietet eine Reihe von Vorträgen, die den Teilnehmenden helfen werden, die EAR 23 in den Kontext der Regelwerke der FGSV einzuordnen und einen detaillierten Überblick über die Empfehlungen zu erhalten.

8 Gedanken zu „Prof. Petra K. Schäfer: Wie ist das denn nun mit der Vorschrift, dass Parkplätze breiter werden müssen?“

  1. Ich stelle eine kühne These auf: Es gibt bereits jetzt in jeder Stadt genug Stellplätze für KfZ außerhalb des öffentlichen Raumes, also auf privaten Flächen. Genug Stellplätze für die Anzahl an KfZ, die wir realistischer Weise in Zukunft als Gesellschaft nur noch benutzen sollten. Denn, dass eine Reduktion notwendig ist und es sich bei der Verkehrswende nicht um eine reine Antriebswende handeln kann, steht hoffentlich außer Frage.
    Warum sollen dann noch neue Stellplätze gebaut werden? Den Bau von Stellplätzen verbieten wird wohl nicht gehen. Aber die Herstellungs-PFLICHT(!) gehört abgeschafft! Am besten bundesweit.

  2. Ohne Elektromobilität wird die Dekarbonisierung aber auch nicht funktionieren. Am besten sind freilich sparsame E-Autos mit kleinerer Batterie, statt den E-SUVs, wie in dieser Studie angeregt: https://www.transportenvironment.org/wp-content/uploads/2023/07/Battery-metals-demand-from-electrifying-passenger-transport-2.pdf

    Diese sparsamen Elektro-Kleinwagen mit kleinerer und besonders sicherer Batterie (Lithiumeisenphosphat) könnten allerdings NICHT mit wenigen Superschnellladern „betankt“ werden, wie es sich BDEW und angebliche (er bevorzugt doch E-Fuels) Volker Wissing vorstellen, weil diese Batterien zum Laden einfach länger benötigen! Hier bräuchte es mehr Lademöglichkeiten mittlerer Leistung, die vom Bund seit Wissings Amtsantritt gar nicht mehr gefördert werden, aber zumammen mit angeschlossenen E-Autos zur Abpufferung von Solar+Windkraftsspitzenerträgen wichtig wären.

    Wenn freilich gar keine „Normalladeinfrastruktur“ mehr entsteht, u.a. weil Gruppen von VCD bzw. B90/Grüne gegen öffentliche Ladeinfrastruktur „in ihrer Kommune“ kämpfen (basierend auf Ihren Konzepten, Frau Diehl!), dann wird einfach alles beim Verbrenner-SUV in den Städten bleiben.

    1. Danke für Ihren Kommentar. Ich wüsste nicht, dass ich so mächtig bin, die gesamtdeutsche Verkehrspolitik zu gestalten, aber ja: Ich bin dagegen, dass Gehwege weiterhin missbraucht werden, um Ladesäulen aufzustellen. Im Wort selbst ist ja angegeben, dass GEHen hier stattfinden soll. Die von ihnen benannte „Normalladeinfrastruktur“ kann sehr gut bei Arbeitgeber:innen, Supermärkten, Kinos, … aufgestellt werden. Ein paar Hundert Meter zu gehen sollte gesunden Menschen zugemutet werden. Ist zudem gesund. Ich sehe hier sehr viel Möglichkeiten, lebenswerte Räume wieder entstehen zu lassen. Mit dem Festzurren von Parken im öffentlichen Raum erreichen wir diese nicht.

  3. Hallo Katja,
    Danke für die interessante Folge!
    Ich hätte mir gewünscht, wenn der FGSV, ihre Struktur und ihre (mögliche) Rolle in der Mobilitätswende noch mehr thematisiert worden wären.
    Grundsätzliche Frage: Ist das Verlagern der Planungskompetenz zugunsten eines Vereins überhaupt sinnvoll? Es gibt bestimmt Argumente dafür, aber auch dagegen.
    Und so abschließend: Wie finden wir denn jetzt die zukünftige Verbreiterung der Parkplätze? Ich konnte mir noch kein wirkliches Urteil dazu bilden.
    Was denkst du? Danke und LG Hanno

  4. Da in den neuen Empfehlungen auch von klimafreundlicher Gestaltung des Parkraums die Rede ist, gehe ich davon aus, dass damit die Verringerung des Parksuchverkehrs immer breiter werdender Pkw durch Verbreiterung der Parkplätze gemeint ist. Was steht denn in dem dazu wahrscheinlich wie immer superschlau daherkommenden neuen Regelwerk genau? Vielleicht erhältst Du den Schinken (66€) ja zum Vorzugspreis 😉
    Aufstellung von Ladesäulen sollte überhaupt nicht auf öffentlichem Straßenland erfolgen, da sie hier nur wieder Flächen besetzen, die im Sinne der Flächengerechtigkeit anders zu verteilen sind. Eine Studie der TU Berlin hat vor ca. 2 Jahren Vorschläge dazu erarbeitet: Ladeinfrastruktur in Parkhäusern, Tiefgaragen, auf Kunden- sowie Firmenparkplätzen und bestehenden Tankstellen. In der Politik spüre ich – nicht einmal bei den Grünen – das Ansinnen, die Pkw-Anzahl zu reduzieren. Aktuelle Vorstellung quer durch die Parteienlandschaft: ein/e jede/r ersetze seinen/ihren Verbrenner gegen einen E-Pkw. Bleiben 49 000 000 Fahrzeuge, Tendenz steigend!!
    Ansonsten meine Empfehlung: Bei Oliver Schwedes nachlesen, was die FGSV für ein Verein ist. Sein Aufsatz ist im Netz frei zugänglich 🙂

  5. Ein erster Anfang wäre, wenn es grundsätzlich verboten wäre Wohnwägen, Wohnmobile, Anhänger und Lkw im öffentlichen Straßenraum zu parken. Zumindest die Möglichkeit dies flächendeckend zu verbieten sollte es geben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert