Zum Status Quo der Diversität in der Mobilitätsbranche

Wenn ich in meinen Keynotes etwas zur Diversität in der Mobilitätsbranche berichte, beginne ich mit Anekdoten. Die schmunzeln lassen – aber auch zeigen, wie sehr diese Wandel nötig hat. Der Konzern, für den ich in leitender Position tätig war, hatte geladen: Zu einer großen Konferenz in einem der üblichen Tagungshotels mit dem üblichen Kaffee-und-Kekse-Buffett zum Anwärmen von Netzwerken und Austausch. Wie immer ergab sich ein homogenes Bild: Männer in dunkelgedeckten Anzügen – mittleren Alters, was meist auf Anzug UND Mann zutraf. Ich trank mit einem Kollegen einen Kaffee und  wurde dabei mehrfach von Herren unterbrochen, die mich freudestrahlend mit Sätzen wie: „Sie sind sicher die Bürgermeisterin!“ begrüßten und ungestüm meine Hände schüttelten.

Erst schob ich es auf ggf. optische Ähnlichkeit, dann auf Verwirrung des jeweiligen Gegenübers – dann folgte meine eigene. Mein Kollege lachte und erlöste mich: Die Bürgermeisterin würde die Begrüßung sprechen, so stand es im Programm – und ich war aktuell die einzig anwesende Frau.

Vorab: Nein. Frauen sind nicht besser als Männer. Diese Diskussion ist unnütz. Aber ja: Ich glaube daran, dass Diversität hilft, gute, kundenzentrierte Produkte, vor allem aber Konzepte zu entwerfen. Wie SEHR ich Konzepte vermisse, die wirklich Mobilität jenseits des privaten PKW ermöglichen, bemerke ich in den Situationen, wenn wieder eine neue Technik als Lösung gepriesen wird – ohne jedwede Anbindung zu bisher vorhandenen Systemen. Flugtaxen sind visionär, Elektrotretroller machen Spaß – aber sie sind eben nur Produkte, Technik – und damit keine Lösung. Denn die heutige Mobilität ist enorm ineffizient, aber fatal einfach: Wir müssen nur den Schlüssel umdrehen, um das Auto in Bewegung zu setzen, das uns subjektiv sehr verlässlich und ad hoc an das Ziel unserer Wünsche bringt. Dabei möchten wir nicht darüber nachdenken, dass wir diese zwei Tonnen Stahl mit dem Platzbedarf eines Kinderzimmers nur durchschnittlich eine Dreiviertelstunde am Tag und alleine hinter dem Lenkrad bewegen. Das wird auch kein Tretroller ändern.

MIr wird unterstellt, dass ich das Auto hasse. Hier kann ich beruhigen: Ich bin nicht in der Lage, zu einem Fahrzeug Gefühle zu entwickeln – weder positiv noch negativ. Wenn in einem Auto vier Menschen zusammen zur Arbeit oder in den Urlaub fahren, bin ich fein mit der Nutzung. Aber die Statistiken beweisen: Der PKW ist mittlerweile Ausdruck für vieles, aber nicht Mobilität. Abgesehen von ländlichen Räumen ist das Auto für mich Sinnbild für Verkehr und Stillstand. Es fällt uns schwer, dieses Fahrzeug wirklich neu zu denken. Wir machen es aktuell nur abnorm größer und zugleich elektrisch. Dabei ist auch ein elektrisch betriebener SUV keine Lösung, kein Konzept, sondern weiterhin Platz- und Ressourcenverbrauch.

In der Mobilitätsbranche gibt es weniger als 20 Prozent Frauen in Führungspositionen. Obwohl (surprise!) qua Statistik 50 Prozent der Kunden weiblich sind. Nur Diversität liefert gute Reibung, Diskurs und neue Ideen. Wäre der deutsche Dieselskandal auch mit einem bunten Haufen von Ingenieurinnen und Ingenieuren, Managerinnen und Managern aus unterschiedlichen Kulturen möglich gewesen? Frauen sind nicht zuletzt auch durch Rollenklischees, die wir hoffentlich überwinden, multimodal unterwegs. Sie fahren seltener Auto, legen geringere Wege zurück. Zudem wissen wir: Frauen wünschen sich einen Beruf, der einen gesellschaftlichen Beitrag leistet und zu einer nachhaltigen Entwicklung beiträgt. „Verkehr“ ist das, was wir überwinden müssen – um nachhaltig zu werden. Denn dies ist der Bereich, der stagniert bei den Emissionssenkungen. Gerade jetzt braucht die Branche Konzepte, die Menschen überzeugen, ihre Mobilität nachhaltig zu entwickeln, Alternativen zum Auto in Betracht zu ziehen. Diesen Wandel gestalte ich auf vielfältige Weise mit – nicht selten außerhalb meiner Komfortzone, denn das Auto besetzt aktuell viele emotionale Bereiche wie der Wunsch nach Sicherheit, Abgrenzung, Status.

Ich werde die einzelnen Segmente meines Portfolios in loser Folge vorstellen und freue mich auf Reibung!

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