Wow – dieser Beitrag, den ich als Insiderin zunächst bei XING veröffentlich habe, schlug enorm hohe Wellen – die mir zeigen: Wir sind noch nicht bereit, uns vom Auto zu verabschieden. Auch in der urbanen Mobilität, die ich hier betrachtet habe, kamen Argumente wie „Brauche ich das Auto? Nein! Aber ich möchte es haben!“ Die mit mir in der Wandelblase lebenden Menschen, die sich mit Alternativen zum privaten Auto beschäftigen, behaupten mir gegenüber immer: „Da ändert sich was!“ Reaktionen wie jene unter dem Artikel zeigen: Nicht sehr viel. Leider.
Im Mobilitätswandel, der meiner Meinung erst am Beginn steht und für viele noch nicht mal begonnen hat, wagen es immer nur wenige, klar auszusprechen, dass dieser Wandel nur funktionieren wird, wenn die bestehenden „Besitzverhältnisse“ DEUTLICH verändert werden. Antriebe auszutauschen ist gut für die lokale Emissionsdichte, aber kein Konzept – und auch keine Lösung. Vorweg: Dieser Denkanstoß richtet sich vor allem an Stadtbewohner, die dafür Sorge tragen, dass sich ein Auto durchschnittlich nur 45 Minuten am Tag bewegt, mit 1,6 Personen. Mir ist zudem bewusst, dass Ängste von Eltern Treiber sind, Kinder mit dem Wagen zur Schule zu bringen. Dennoch: Wir müssen uns alle bewegen, um etwas in Bewegung zu bringen.
Und dabei finde ich das Auto an sich nicht schlimm. Gruselig finde ich es, dass wir es ineffizient und wissentlich auf Kosten anderer nutzen. Viele Städte gehen enorm devot mit ihrem „Gold“ um: Der Straßenraum, er gehört aktuell den PKWs. Sei es geparkt oder im Stau stehend. Und damit eben nicht den Menschen, die in der Stadt wohnen. Die Architektur vieler Städte dient nicht dem Verweilen und Flanieren, sondern dem „schnell Durchfahren“ – auf dem Weg von A nach B soll nichts im Weg stehen und viel Raum gemacht werden – für Fahrzeuge, nicht für Menschen. Das ist uns aktuell wichtiger als Stadtraum lebenswert zu gestalten.
Wollen wir das? Fühlen wir uns an solchen Plätzen wohl? Wenn es für alle besser werden soll, muss Straßenraum neu gedacht und aufgeteilt werden. Und damit meine ich nicht, mit Farbe einen Bereich für Fahrräder abzuzeichnen, der kaum so breit ist wie der Po, der auf dem Sattel sitzt. Es geht nur mit echter Infrastrukurveränderung, mit geschützten Räumen für die Schwächeren, die die gute Mobilität schon heute leben. Und das ist eben nicht der private PKW. Er muss etwas abgeben, Platz machen, damit wir den entstehenden Raum endlich gestalten und wieder lebendig erleben können.
Mobilität zu ändern ist kein Fest für alle, weil dieser Wandel, so er denn erstgemeint ist und nachhaltig vorangetrieben wird, etwas weg nehmen MUSS. Das ist für mich momentan vor allem der Stadtmensch, der sein Auto tagelang nicht nutzt, es aber kostenlos vor der Tür geparkt lassen kann. Immer, wenn ich Diskussionen zum Mobilitätswandel führe oder Keynotes darüber halte, kommt irgendwann der Begriff der Freiheit auf. Der Freiheit, seine Mobilität selbst gestalten zu dürfen, der Freiheit, riesige Räume in Städten als Eigentum zu betrachten. Ist das noch zeitgemäß? Würden wir an sechsspurigen Bahnen, die mitten durch die Herzen von Städten führen, unsere Urlaube verbringen? Obwohl Achtsamkeit in aller Munde ist, ist hier Unachtsamkeit völlig akzeptiert. Es ist laut, es ist giftig, jeder Verkehrsteilnehmer kämpft um seinen Raum.
Nur an die Vernunft zu appellieren hilft da nicht. Meine Meinung. Denn die Vernunft haben wir eigentlich ja immer bei uns. In Sachen Autonutzung schalten wir diese jedoch aus, indem wir auf Ausredeknöpfe drücken: Die Kiste Wasser, der große Einkauf, die Urlaubsreise, der Fieberanfall um MItternacht. Wir schauen auf die Probleme – und nicht auf die Möglichkeiten. Durchschnittlich kostet uns ein Auto 700 Euro. Damit könnten wir eine Menge durchaus komfortabler Mobilitätsalternativen erwerben. Und Dinge wie Parkplatzsuche und Staus direkt den anderen überlassen.
Lust drauf?
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