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Die Smartphones und die Deutschland-Tickets. Ein Gastbeitrag zur kostengünstigen Lösung.

Diese umfänglichen Hinweise hat ein netter Mensch geschrieben, der sich sehr viel mehr als ich mit Daten, Datenschutz, Hindernissen für gewünscht Anonymität, aber auch den Fallen, die smartphonegebundene Tickets stellen können, auskennt. Stöbert gern mal durch, falls ihr Hinweise und Fragen habt, gibt es ja die Kommentarfunktion. Spoiler: Dieser Text ist für Nerds wahrscheinlich zu einfach und für Menschen wie mich „zu hoch“, aber vielleicht regen wir damit ein paar Debatten an zur Digitalisierung und Barrierefreiheit. Ich übernehme daher an dieser Stelle keine Verantwortung für Richtigkeit der Inhalte, weil ich sie schlicht nicht bewerten kann. Mir das Thema aber mehrfach schon begegnet ist und ich hier gern Raum biete.

„Präambel:

Natürlich wäre es viel besser, wenn für Grundbedürfnisse kein Smartphone, kein Internet, kein Computer und nichts Digitales nötig wäre und wenn der Nahverkehr kostenlos wäre. Da es aber bislang nicht so ist, versuche ich in diesem Text, kostengünstige Möglichkeiten aufzuzeigen, das Deutschlandticket zu nutzen, wenn ein analoges Ticket nicht genutzt werden kann. Das digitale Deutschland-Ticket ist ein 2D-Strichcode. Im Grunde ist es möglich dieses auszudrucken und den Ausdruck als Ticket zu verwenden. Leider wird ein solcher Ausdruck nicht immer akzeptiert und leider hat das Ticket ein Online-Komponente: Aus verschiedenen Gründen kann ein Ticket ungültig werden.

Wird das Ticket in einer App auf dem Smartphone verwaltet, kann diese App durch die Verbindung zum Server der ausgebenden Stelle, anzeigen, ob es gültig ist, oder ein ungültiges wieder freischalten. Entsprechende Apps gibt es für Android und iOS.

1) Smartphones benötigen aktuelle Sicherheitsupdates

Das erste, das Studierende der Informatik lernen: „Keine Software ist fehlerfrei“ Die meisten Fehler in Software werden erst dadurch entdeckt, dass viele Menschen die Software nutzen. Häufig entstehen neue Software-Fehler durch die Behebung gefundener Fehler. Ein Teil der Fehler in Software ist sicherheitsrelevant. Daraus entstehen Gefahren sowohl für die Person, die eine Software nutzt selbst, als auch für alle anderen. Nur Geräte zu nutzen, die zeitnah Sicherheitsupdates erhalten, ist daher beides: Selfcare und Nächstenliebe.

2) iPhones

Alle Produkte von Apple sind teuer. Das hat sogar gute Gründe. Wenn Geld ein entscheidender Faktor ist, kommen iPhones daher eigentlich nicht in Frage. Falls es aber doch ein iPhone sein ‚muss‘, gibt es diese Möglichkeit: Firmen geben gerne das iPhone SE als Diensttelefon an ihre Mitarbeiter aus. Daher erhalten Anbieter von ‚Refurbished‘-Produkten immer wieder iPhone SE in größeren Mengen, die dann sehr günstig im Internet und auch in Smartphone-Repairshops erhältlich sind, die es vielerorts in Bahnhofsnähe gibt.
Es gibt drei Generationen des iPhone SE. Zu bevorzugen ist die dritte Generation (ab Baujahr 2022) für die Apple die neueste iOS-Version bereitstellt. Auch für die zweite Generation (ab Baujahr 2020) gibt es noch Sicherheitsupdates. In Frage kommen auch die iPad-Tablets, für die Apple noch Updates ausliefert.

3) Android-Varianten

Android gibt es in verschiedenen Varianten: Das von Google über die Hersteller von Smartphones verbreitete Android, das teilweise zur Unterscheidung von anderen Varianten als GAndroid bezeichnet wird. FireOS, das von Amazon in Eigenprodukten verwendet wird. HarmonyOS, das von Huawei verwendet wird. Weitere Hersteller-eigene Versionen, die eher unbedeutend sind, und die sogenannten Custom-ROMs. Das bedeutenste und bekannteste Custom-ROM ist LineageOS. Ebenfalls bekannt ist „e“ von der französischen Stiftung gleichen Namens.

Diese beiden Android-Varianten und einige weitere (aber nicht alle) Custom-ROMs sind sehr privatsphäre-freundlich. Im Gegensatz zu GAndroid, FireOS und Harmony ‚teilen‘ sie nicht persönliche User-Daten mit dem Hersteller des Geräts. Ein weiterer und entscheidender Vorteil von LineageOS und e ist, dass es diese Betriebssysteme für eine große Zahl alter Smartphones gibt, für die der Hersteller keine Sicherheitsupdates mehr bereitstellt.

Ein Nachteil von Custom-ROMs besteht darin, dass zur Installation das Gerät temporär gerootet (‚gehackt‘) werden muss. Bei manchen Geräten ist das unmöglich, bei manchen Geräten ist das ein Anklicken eines Buttons in der Geräte-Einstellungen, bei den meisten irgendetwas dazwichen.

4) Billige Android-Geräte

Android-Smartphones werden im Online-Handel (neu, originalverpackt, mit Garantie, ohne SIMlock, ohne Provider-Lock, ungebrandet) bereits für weniger als 50 Euro angeboten. Leider ist bei solchen billigen Geräten (die meist von ausserhalb der EU stammen) gewöhnlich die Versorgung mit Sicherheitsupdates nicht gewährleistet.

Eine Alternative sind FireOS-Tablets, die (auch in Elektomärkten) in Sonderaktionen immer wieder als Neugeräte für Preise von etwa 50 Euro angeboten werden. Nachteil ist dabei die Überwachungsoftware von Amazon.

Die beste Möglichkeit sind Gebrauchtgeräte, die auf Online-Marktplätzen, bei Refurbished-Händlern und in Smartphone-Reparatur-Geschäften zu Preisen ab 29 Euro gekauft werden können. Da für diese Geräte die Hersteller in fast keinem Falle noch Sicherheitsupdates bereitstellen, ist die Installation eines Custom-ROMs notwendig.

5) ‚Neues‘ Gerät mit Custom-ROM

5.1) Passendes Gerät auswählen: Auf der Seite https://wiki.lineageos.org/devices/ und auf der Seite https://doc.e.foundation/easy-installer#list-of-devices-supported-by-the-easy-installer und auf https://grapheneos.org/faq#device-support  werden die Geräte aufgelistet, auf die das entsprechende Custom-ROM installiert werden kann.

5.2) Gerät besorgen. Dies kann ein unbenutztes eigenes Gerät sein oder ein gekauftes oder geschenktes Gerät

5.3) Betriebssystem installieren so wie bei lineageos.org bzw e.foundation bzw grapheneos.org beschrieben. Die jeweilige Anleitung unbedingt strikt einhalten, eine Abweichung kann das Gerät dauerhaft unbrauchbar machen.

5.4) Auf dem Gerät kann nun nicht mehr der Google-Play-Store verwendet werden und keine Apps, die die Google-Play-Services verwenden. Es ist möglich während der Betriebssystem-Installation Apps mitzuinstallieren, die das Vorhandensein der Play-Services vortäuschen. Damit können einige – aber nicht alle – Apps, Play-Services benötigen, trotzdem verwendet werden (Faustregel: Apps, die gekauft werden müssen funktionieren nicht).

5.5) Ab jetzt bezieht das Gerät Sicherheitsupdates nicht mehr vom Hersteller, sondern von Lineage bzw e bzw Graphene. Dies funktioniert genauso wie ein Herstellerupdate (Sicherheitsupdates sind aber gewöhnlich viel früher und teilweise auch vollständiger verfügbar).

5.6) Sicherheit: Durch das Installieren eines neuen Betriebssystems sind zuvor auf dem Gerät vorhandene Malware oder Spyware ziemlich sicher entfernt worden.

5.7) Apps installieren: Mit dem Webbrowser kann die Website eines Appshop-Anbieters geöffnet werden und die Appshop-App dieses Anbieters heruntergeladen und installiert werden.

5.7.1) f-droid: F-Droid ist der bekannteste Anbieter freier Apps https://f-droid.org/

5.7.2) Galaxy-Store: Der App-Shop von Samsung https://www.samsung.com/de/apps/galaxy-store/

5.7.3) App Gallery: Der App-Shop von Huawei https://consumer.huawei.com/de/campaign/appgallery/

5.7.4) Amazon-App-Shop: Der App-Shop von Amazon https://www.amazon.de/gp/mas/get/amazonapp

5.7.5) Google-Play-Store: Es ist möglich – beispielsweise auf FireOS – den Play-Store nachzuinstallieren. Dazu müssen aber verschiedene Google-Dienste installiert werden. Anleitungen dazu gibt es im Web.

5.7.6) Apps aus dem Web installieren: Es ist möglich, Apps direkt aus dem Web zu installieren (beispielsweise von GitHub oder vom Hersteller). In diesem Fall werden Updates aber nicht automatisch angeboten, sondern müssen jeweils aktiv gesucht werden. Ebenfalls ist es möglich, die Installationsdatei einer App (gewöhnlich mit der Dateiendung .apk) auf das Gerät zu kopieren und aus dem Datei-Manager zu installieren.

6) Telefonie

Android-Geräte können grundsätzlich in Betrieb genommen werden ohne Telefonnummer (SIM) und ohne Google-Id (Amazon-ID, Samsung-Account, Huawei-Id). Dazu ist es bei der Einrichtung lediglich nötig, mehrfach auf unauffällige Buttons „nicht jetzt“, „ohne …“, „später einrichten“ zu klicken. Dies gilt für Smartphones und Tablets, aber nicht für andere Android-Geräte.

Verschiedene Telefon-Firmen bieten in Aktionen kostenlose Prepaid-SIM-Karten an. Gegebenenfalls ist von Zeit zu Zeit eine Aufladung des Guthabens nötig. Mit einer solchen SIM-Karte ist es möglich, angerufen zu werden und SMS zu erhalten (zum Beispiel TANs oder Anmelde-Codes). Ist auf der Karte ein Guthaben, sind auch ausgehende Telefonate und SMS möglich.

Unter Verwendung einer SIP-App („Internet-Telefonie“) ist es möglich eine Festnetz-Nummer, auf dem Gerät zu nutzen. Es gibt Anbieter von SIP-Telefonie, die kostenlos eine Ortsnetznummer bereitstellen, die von beliebigem Ort im Internet erreicht werden kann (die klassischen Anbieter erlauben nur die Nutzung aus dem eigenen Heimnetz). Eingehende Telfonate sind kostenlos. Eingehende SMS werden in eine Sprachnachricht umgewandelt.

Zumindest auf iPhones ist es möglich mit der iOS-App Satellite eine virtuelle kostenlose Mobilnummer zu verwenden, die über Wifi (nicht Mobilfunk) verbunden ist.

7) Wifi

Es gibt zahlreiche kostenlose Hotspots für die Internet-Nutzung. Neben zahlreichen Bahnhöfen, Zügen, Straßenbahnen, Supermärkten, Museen, Stadtbibliotheken, der Commerzbank und Vodafone gibt es Freifunk.

Freifunk-Hotspots können mit der App Freifunk-Karte https://f-droid.org/de/packages/de.freifunk_karte.freifunk_karte/  lokalisiert werden.

Bei https://freifunk.net/wie-mache-ich-mit/  wird beschrieben, wie es möglich ist, selbst einen Freifunk-Hotspot anzubieten. Dazu ist ein geeigneter Router nötig (ab 20 Euro) und der Stromverbrauch dieses Routers – mehr nicht (es ist aber möglch, dem Verein beizutreten).

7) Zubehör

7.1) Powerbank

Eine Powerbank dabeizuhaben, ist immer nützlich und manchmal lebensrettend. Ist der Smartphone-Akku überraschend leer, lässt sich das Smartphone häufig schon nach 1-2 Minuten an der Powerbank wieder starten.

Eine gute Powerbank verfügt über Quickcharge (QC USB2) und Power Delivery (PD USB3)sowie über eine Anzeige, die aus mehr als 3-5 LEDs besteht. Es gibt sehr kleine und billige Geräte mit geringer Kapazität, die aber dennoch nützlich sind. Spielt die Größe und das Gewicht nur eine untergeordnete Rolle, bieten sich Geräte mit 20000 oder mehr mAh an, die ab 15 Euro erhältlich sind und nicht mehr als 30 Euro kosten sollten. Es gibt Geräte mit einer eingebauten Handwärmer-Funktion zu vergleichbaren Preisen.

Es gibt Geräte mit Solarlade-Funktion. Diese Funktion erlaubt es gewöhnlich bei gutem Tageslicht ein Telefon in Betrieb zu halten, aber nicht aufzuladen. Für Notfälle kann das nützlich sein, tatsächliches Laden der Powerbank oder eines Gerätes ist so aber nicht möglich.

7.2) Steckernetzteil

Das Steckernetzteil sollte QuickCharge und Power Delivery unterstützen und zumindest ein Betriebslicht haben, um zu sehen, ob es überhaupt funktioniert. Eine Anzeige des Ladestroms ist nützlich. Geräte, die alle genannten Bedingungen erfüllen sind ab 12 – 22 Euro erhältlich.

8) Hilfreiche Apps

Signal – kostenlose App, mit der Chat und kostenlose Telefonate zu anderen Personen mit Signal möglich ist. Wird von der gleichnamigen Stiftung betrieben.

Threema – Chat und Telefonie-App aus der Schweiz, einmaliger Kaufpreis. Gelegentlich Rabatte auf den Kaufpreis.

Mastodon- und Fediverse-Apps – mehrere Apps ausprobieren und ggf auch mehrere Apps gleichzeitig nutzen, die eine kann DMs besser, die andere Alt-Texte.

Apps, die Social Media ‚wrappen‘ – Es gibt (zum Beispiel bei f-droid) verschiedene Apps, die einen datensparsamen Zugang zu kommerziellen Social Media Diensten ermöglichen.

Öffi – Echtzeit-Fahrplan-Auskunft und Plannung, Netzpläne vieler ÖPNV-Anbieter als Download zur Offline-Nutzung, Suchfunktion für die nächstgelegene Haltestelle

Organic Maps – App für OpenStreetMap auf Android und iOS. ‚Leichtgewichtiger‘ als OSMand. Karten werden offline genutzt.

Kiwix – Offline Nutzung von Wikipedia, Wiktionary, Wikivoyage, vielen weiteren Wikis, Project Gutenberg, viele weitere große eTexten, TEDtalks

Netguard – protokolliert Internetzugriffe der Apps auf dem Gerät und unterbindet ungewünschte Internetzugriffe einzelner Apps.

Freifunk-Karte – findet kostenlose Hotspots.

Feeder – RSS-Lese-App.

Jede App von f-droid.

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