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Das zweite Wunder von Hannover

Ich fühle mich sehr geehrt, dass ich als eine der Ersten und von Belit Onay persönlich und Stadtbaurat Thomas Vielhaber vom „Zweiten Wunder von Hannover“ erfahren durfte. In der letzten Woche war ich im Neuen Rathaus zu Hannover zu Gast und konnte mir ein Vorabbild machen, was da Fantastisches aus Hannover werden wird. Ich hoffe sehr, dass dieses Stadtoberhaupt viele anzündet, die Mobilitätswende endlich zu starten.

Wir haben in Deutschland da noch viel aufzuholen im europäischen Vergleich. Viele Städte sind teilweise seit Jahrzehnten auf dem Weg, menschenzentriert zu agieren. Denn da kommen unsere Städte, aber auch unsere ländlichen Räume her. Die Wucht, mit der wir das Auto in die Mitte unserer Gesellschaft getrümmert haben – in Hannover wurden Kirchen und wunderschöne Fachwerkhäuser nach dem 2. Weltkrieg geopfert, um dem Pkw im wahrsten Sinne freie Bahn zu gewähren – benötigt eine Wucht von Vision und Tatkraft, genau diese falsche Entwicklung wieder umzudrehen. Das wird nun in Hannover gestartet. Mit dem Zieljahr 2020.

Mehr Leben und Vielfalt in der Stadt, einladende Stadträume und verkehrsberuhigte Straßen, mehr Platz für spielende Kinder, Gastronomie und Kultur. Eine erhöhte Aufenthaltsqualität in der City mit Strahlkratt in die ganze Stadt und das Umland. Das ist das Ziel von Hannovers Innenstadtentwicklung. 

Aus autogerecht wird zukunftsgerecht. 

Nachdem der Rat der Landeshauptstadt im Herbst 2022 das Konzept für die Entwicklung der Innenstadt bis 2035 verabschiedet hat, liegt nun ein integriertes und umfassendes Mobilitätskonzept vor. In Zukunft wird Hannovers Zentrum nahezu autofrei sein. Ziel ist es, in einem ersten Schritt den Kern der Innenstadt – also den Bereich zwischen Friedrichswall, Schiffgraben, Hauptbahnhof, Kurt-Schumacher-Straße und Steintor – aufzuwerten, verkehrlich umzuorganisieren und in Teilen baulich neu zu gestalten. Auch für die Lange Laube sind Pläneausgearbeitet: diese Fahrradstraße soll künftig ohne Autos funktionieren. Meiner Kenntnis nach eine der ersten ECHTEN Fahrradstraßen Deutschlands!

Stellplätze für Autos im öffentlichen Raum der Innenstadt sollen weitgehend wegfallen – die Autos finden Platz in den zahlreichen Parkhäusern. All das dient dazu, Menschen, die zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sind, mehr Raum zu geben. Bis 2030 will die Stadtverwaltung das Konzept umsetzen.

Oberbürgermeister Belit Onay: ,,Die Zeit der Experimente ist vorbei. Jetzt geht es an die Umsetzung. Wir arbeiten intensiv an der Transformation der Stadt im Verbindung mit der erforderlichen Mobilitätswende. Damit beginnen wir in der City. Die Innenstadt bekommt durch die vorgestellten Maßnahmen Rückenwind für eine nachhaltige und klimafreundliche Entwicklung. Wir stärken das Zentrum als resilienten Einzelhandels- und Wirtschaftsstandort – attraktive Aufenthaltsräume bekommt man im Onlinehandel nicht. Und den Menschen geben wir Planungssicherheit, was auf sie zukommt.“ 

Feiern und Flanieren.

Das Leitbild einer lebenswerten Stadt mit kurzen, barrierefreien und sicheren Wegen stellt ausgehend von der bisherigen Fußgängerzone den Fußverkehr in den Mittelpunkt! Künftig soll auch über diesen Kernbereich hinaus deutlich mehr Platz zum Flanieren und für den Aufenthalt geschaffen werden. Auch der Radverkehr profitiert von dem Vorhaben, sowohl Fahr- als auch Abstellsituationen sollen deutlich verbessert werden. Lücken im Radwegenetz der Stadt werden geschlossen und auch der ÖPNV wird vom neuen Konzept profitieren. Der Zugang für mobilitätseingeschränkte Menschen zur City wird insgesamt erleichtert – etwa durch einen barrierefreien Umbau vieler Straßen und eine Erhöhung der Zahl von Behindertenstellplätzen.

Zentrum schnell, sicher und stressfrei erreichbar

Die Herausnahme von Parkflächen im öffentlichen Raum zugunsten des Fuß- und Radverkehrs oder für Stadtgrün, neu ausgezeichnete Wegeführungen sowie ein gutes Miteinander in verkehrsberuhigten Bereichen werden die Innenstadt schnell und stressfrei erreichbar machen. Für die Sicherheit gilt die Maxime der Rücksicht. Je schwächer die Verkehrsteilnehmer*innen bei geteilter Fläche sind, umso mehr muss auf diese Rücksicht genommen werden. Deswegen wird der motorisierte Verkehr künftig in angemessener Geschwindigkeit geführt, also gilt möglichst überall Tempo 20 oder maximal Tempo 30 – insbesondere dort, wo Räume von verschiedenen Verkehrsteilnehmer*innen genutzt werden. Der ÖPNV erschließt das Zentrum auch weiterhin an allen zentralen Punkten und bekommt mehr Raum für ein attraktives Angebot . Anlieferverkehr in die Innenstadt bleibt selbstverständlich weiterhin möglich, sollte jedoch deutlich stressfreier ablaufen. Denn Autos werden vom Cityring auf direktem Wege in die zentral liegenden und bislang bei weitem nicht ausgelasteten Parkhäuser geleitet und ebenso wieder zurückgeführt.

Stadtbaurat Thomas Vielhaber führt aus: ,,Mit unserem Konzept unterstützen wir den Wandel in der City und schlagen einen Weg ein, den auch andere europäische Städte und Metropolen derzeit gehen. Mit Blick auf die großen Herausforderungen wie dem Klimawandel oder wirtschaftlichen Schwierigkeiten in Handel und Gewerbe ist unser Konzept mehr als ein wichtiges Aufbruchsignal. Die Menschen sollen ohne Probleme in die City gelangen und hier eine gute Zeit und einen angenehmeren Aufenthalt erleben können.“

Auf die Frage, ob eine autofreie City bedeute, dass es gar keinen Autoverkehr mehr in der Stadt gebe, antwortet Onay: ,,Autofrei heißt: Es ist kein Auto zu viel in der Stadt.“ Anlieger*innen könnten selbstverständlich weiter auf ihren privaten Stellplätzen parken. Auch Taxen kämen weiter in die Stadt, der Anlieferverkehr ohnehin. Die Parkmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung würden sogar ausgeweitet und die Parkhäuser blieben allesamt über Stichstraßen erreichbar. ,,Für diejenigen, die aufs Auto angewiesen sind, wird es zukünftig leichter, in die Stadt zu kommen, weil es weniger konkurrierenden Autoverkehr gibt – aber insgesamt wird die Zahl der Stellplätze nach und nach deutlich reduziert.“

Hintergrund-Info: das Mobilitätskonzept im Detail

Weitreichende Änderungen der Verkehrsführung sind am Steintor vorgesehen. So soll die Münzstraße zukünftig für den motorisierten Individualverkehr nicht mehr befahrbar sein. Hierzu Stadtbaurat Thomas Vielhaber: ,,Der Platz wird durch die neue Verkehrsregelung abermals aufgewertet. Die Stadtbahn und die Busse fahren weiter wie bisher, aber Verkehrslärm wird es zukünftig kaum mehr geben.

Zudem wird die Radverkehrsachse vom City-Radring in die Lange Laube hinein deutlich gestärkt. Die Aufhebung der Trennwirkung der Straßen ergänzt die anstehenden Umbauarbeiten am Steintorplatz ideal und macht die nördliche Bauzeile der Münzstraße zum neuen Platzrand.“

Ergänzend wird die Lange Laube zu einer echten Fahrradstraße. Nur noch Anlieger*innen erhalten die Möglichkeit, mit Autos zu ihren Grundstücken zu kommen. Ansonsten wird die Lange Laube mit dem Autoquerbar, aber nicht mehr befahrbar sein. Parkmöglichkeiten wird es dort nicht mehr geben, sodass Konflikte zwischen Auto- und Radverkehr zukünftig hier vermieden werden.

Rund um den Hauptbahnhof wird sich die Verkehrssituation grundsätzlich ändern. Die beiden Tunnel neben dem Hauptbahnhof werden für den motorisierten Verkehr gesperrt. Der Rad- und Fußverkehr wird davon profitieren. Die List und die Innenstadt werden auf diese Weise enger miteinander verwoben. Hierzu Thomas Vielhaber: ,,Die Tunnel haben derzeit auf viele Menschen eine abschreckende Wirkung. Sie sind laut, teils verdreckt und schlecht beleuchtet. Genau hier setzen wir an und machen sie attraktiver.“ Dies sei insbesondere sinnvoll, da der Posttunnel künftig auch zum Umstieg der Bahnreisenden genutzt werden soll. Mit dem Auto erreichbar bleibt der Bahnhofsvorplatz über die Joachimstraße und die Kurt-Schumacher-Straße.

Wie in vielen Altstädten üblich soll der Autoverkehr hier minimiert werden. Straßenräume wie die Burgstraße, der „Goldene Winkel“ oder die Schmiedestraße in dem noch ausstehenden Bauabschnitt vor der Marktkirche sollen dann nicht mehr für Autos durchfahrbar sein. Vielhaber hebt hervor:

„Unsere Absicht ist, den Autoverkehr soweit möglich aus der Altstadt herauszuhalten. Dazu wollen wir Lösungen erarbeiten, die auch für die Anwohner*innen passen.“ Zum Beispiel könnte das Parkhaus Schmiedestraße in Teilen zur Quartiersgarage umgenutzt werden. Rund um das Kulturdreieck wird der motorisierte Individualverkehr nahezu komplett herausgenommen. Den großen Kultureinrichtungen werden Flächen für dauerhafte oder temporäre Aktionen und Gestaltungen angeboten. Dabei sehen die Planungen zur Prinzenstraße vor, ein nachhaltiges Regenwasser-Management, eine ansehnliche Baumreihe und einladende Aufenthaltsangebote umzusetzen. Die Pläne werden in Kürze vorgestellt.

Die zentrale Achse vom Kröpcke über die Georgstraße und die Straße am Georgsplatz bis zum Aegidientorplatz wird dann ausschließlich vom ÖPNV, Fuß­ und Radverkehr zu nutzen sein. Die Parkhäuser an der Oper und Luisenstraße bleiben über die Theaterstraße erreichbar.

Die Karmarschstraße wird zukünftig eine andere, neue Rolle innerhalb des Stadtgefüges annehmen: als verbindendes Element zwischen den bislang getrennten Altstadtbereichen soll sie auf ganzer Länge für Fußgänger*innen querbar sein und zusätzliche Außengastronomieflächen u.a. im Bereich des Historischen Rathauses und der Markthalle bekommen. Gleichzeitig werden die städtebaulichen Planungen für den Köbelinger Markt und das alte Verwaltungsgebäude an der Leinstraße vorangetrieben. Aus einem Parkplatz wird dann ein lebendiger Platz zum Verweilen und zusammenkommen.

Die Flächen rund um die Aegidienkirche werden verkehrsberuhigt und erhalten einen platzähnlichen Charakter. So erhält dieser zentrale Gedenkort eine angemessene Aufwertung und wird im Stadtbild präsenter.

Der Plan ist, nach Beschlussfassung schon Mitte 2024 mit den ersten Umbauarbeiten zu beginnen, voraussichtlich mit der Schillerstraße. Die Schillerstraße wird ihrer Funktion als City-Radring entsprechend umgestaltet, die Zufahrt zur Galeria-Tiefgarage bleibt erhalten, aber der momentane Rückseitencharakter der Straße wird sich deutlich verändern.

Auch wenn sich die Planungen derzeit auf den Kern der Innenstadt fokussieren, werden die angrenzenden Quartiere bereits jetzt mitgedacht. Das Odeon-Quartier wird im Rahmen der Entwicklung des Postscheckamtes neu konzipiert – die verkehrspolitischen Weichenstellungen für die City werden auch hierhin übertragen. Die Pläne für dieses impulsgebende Innenstadtquartier sollen in den kommenden Monaten vorgelegt werden. Mit Blick auf das Areal zwischen der Bahntrasse und der Berliner Allee läuft derzeit eine städtebauliche Studie an, mit der eine weitreichende Neugestaltung rund um den zentralen „Ankommpunkt“ der Stadt erreicht werden soll. Ein „hinter dem Bahnhof“ soll es dann nicht mehr geben.

Nach der grundsätzlichen Beratung und Beschlussfassung des Integrierten Mobilitätskonzeptes durch den Stadtrat ist seitens der Stadtverwaltung vorgesehen, für die einzelnen Straßen und Maßnahmen weitere Untersuchungen und anschließende Detailplanungen vorzunehmen. Hierzu werden den Gremien in entsprechender Abfolge Einzeldrucksachen vorgelegt. In diesem Zuge wird es weitere Beteiligungsmöglichkeiten für die Öffentlichkeit geben.

Ein Gedanke zu „Das zweite Wunder von Hannover“

  1. Ich wünsche uns allen, dass wir diesen Umbau als Chance für ein neues Hannover annehmen und uns überraschen lassen, wie sich das Leben in Hannover und seiner Innenstadt entwickelt. Ich freue mich darauf.

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