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Warum ich nicht mehr an Berufsbezeichnungen glaube

Immer, wenn ich in der Vergangenheit einen neuen fest angestellten oder Teilzeit-Job angetreten habe, musste ich (auf mein Tätigkeitsfeld bezogen) zunächst klären, was für das jeweilige Unternehmen #Kommunikation und/oder #Marketing überhaupt bedeuten. Chefs wie Kolleg:innen hatten eine mal mehr, mal weniger genaue Vorstellung von dem, was zu tun sei. Und das war jedes Mal anders. Extern habe ich dann auf Panels oder bei Speakerinnenslots immer einführend gesagt, dass z. B. das Marketing in einem #Verkehrsunternehmen nicht unbedingt vergleichbar sei mit jenem in der Kühlschrankindustrie. Obwohl sich beides ja Marketing nennt.

Bei meinem nebenberuflich erworbenen #MBA an der Universität Münster bekam ich dann per Lehre mitgeteilt, dass Marketing „den #Konsumenten als Mittelpunkt des Unternehmens versteht und ihn von verschiedenen Standpunkten aus beurteilt“, um ihm dann die Produkte, Dienstleistungen… anzubieten, die er erwerben wird. Wer im #ÖPNV arbeitet, weiß, dass genau diese Kund:innensicht nicht nur recht neu ist, sondern auch bisher sehr limitiert war, durch Gesetze und Vorgaben, denen der Öffentliche #Nahverkehr unterliegt. Teil dieses Studiums war auch, eine Arbeit über „Identitätsbasierte Markenführung“ zu schreiben. Also Kund:innenkontaktpunkte konsistent aufzubauen. Im Nahverkehr haben aktuell vor allem Fahrer:innen diesen Kontakt – und ich fand ihre Arbeit enorm spannend und habe mehrmals die Woche bei ihnen vorbeigeschaut. Was Kollegen dazu brachte, mir meine Leitungs-Kompetenz anhand des in ihrer Sicht „zu nahen“ Seins an der Basis abzusprechen.

Hinter den Kulissen vor allem von Twitter tausche ich mich aktuell mit unglaublich vielen Beteiligten am Mobilitätswandel aus. Ich mag sehr viele von ihnen sehr gern – ob sie nun in Autokonzernen ihren Weg gehen, die Mobilität besser und die Unternehmen transparenter zu gestalten – oder ob sie am anderen Pol des Wandels wirkend eine Automesse blockieren. Ich möchte mich zu keinem dieser Pole zugehörig wähnen, aber ihre Einschätzungen und Wahrnehmungen sind mir genauso wichtig wie damals jene der Busfahrer:innen. Denn auch sie sind Basis – und nicht in höchstleitender Funktion tätig.

Nun bin ich hier, bestens ausgebildet, mit umfassender und tiefer Expertise in Kommunikation, Mobilität, Logistik und Marketing – und treibe meine Themen voran. Das ist vor allem der #Mobilitätswandel – durch #Diversität und neue #Arbeitsformen. Eigentlich ist es ja sehr erwünscht, #Storytelling zu betreiben, doch wenn dieses im beruflichen Raum angeboten wird, zucken viele noch zurück. Sie wollen nicht wissen, was ich bewirken möchte, sondern „was ich bin“. Und stellen mir damit genau die Frage, die ich mir beruflich sehr lange überlegte. Doch im Gegensatz zu mir, die ich nun sehr selbst-bewusst, aber noch frisch in der Konstellation als Teilzeitbeschäftigte und Freiberuflerin, mein Wirken aufbaue, brauchen nun die beruflichen Kontakte um mich herum einen Titel für mich. Weil sie mich einordnen wollen, es aufgrund meiner Antworten aber nicht können.

Aber genau so einen Titel kann ich nicht liefern, denn ich habe mehrere Jobs, im wahrsten Sinne. Die Themen bleiben meist gleich, die Tätigkeiten unterscheiden sich jedoch zum Teil deutlich. Mal halte ich eine , mal entwickle ich mit einem Kunden eine neue #Positionierung seiner #Marke, mal bin ich für den VCD auf einer Demonstration für nachhaltige #Mobilität am Rande der Internationalen Automobilausstellung. Jedes einzelne Puzzleteil meines Wirkens macht für mich Sinn. Weil es meine persönlichen Ziele, die mittlerweile deckungsgleich mit meinen beruflichen sind – ich spreche daher auch nur noch von #Lifebalance – abbildet. In meinem privaten und engem beruflichen Umfeld gibt es daher auch keine Fragen zu meinen „Jobs“. Darüber hinaus jedoch fast täglich.

Sei es, dass man mir unaufgefordert rät, weniger radikal den Wandel zu thematisieren, „zukünftige Arbeitgeber googeln deinen Namen schließlich auch und entscheiden sich dann vielleicht gegen dich“. Sei es, dass nicht verstanden wird, warum ich Interviews mit Automobilherstellern mache, um deren Innendesign von PKW zukunftsfähig zu gestalten. Sei es, dass ich Tina Velo in meinem Podcast habe – oder auch Marion Tiemann von . Letzteres ist für manchen schon Provokation genug, die mich disqualifiziert, als Beraterin von ihm gebucht zu werden. Was er vielleicht nie vorhatte, mir aber mitteilt. Und ich wundere mich, da mein Engagement mit meinem ehrenamtlichen Podcast ja nichts mit meinen Kompetenzen im Beruf zu tun hat.

Diese beiden Pole öffentlicher Reaktion auf mein Wirken lassen mich zwei Fragen stellen:

Wie wichtig sind uns noch Berufsbezeichnungen und Statustitel? Helfen Ihnen diese bei der wirklichen Beurteilung von Fachkenntnis und Kompetenz weiter?
Warum ist es immer noch erwünschter, ein „diffuses Profil“ zu haben, das keine Fragen aufkommen lässt? Gerade bei Kommunikator:innen und Berater:innen kann es meiner Meinung nach sehr hilfreich sein, eine gewisse Einordnung von Personen zu ermöglichen, da es ja die Kenntnis über bestimmte Inhalte widerspiegelt? Wie sehen Sie das?

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