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MOIA im Praxistest

Hamburg ist eine der besten deutschen Städte, um neue Mobilitätsformen auszuprobieren. Der nahende Kongress ITS2021 wirkt wie ein Katalysator auf die Hansestadt. ioki fährt in Vororten zum HVV-Tarif und bringt Fahrgäste zu Stationen des Nahverkehrs, Clevershuttle poolt in Wasserstoff-PKW Fahrten, myTaxi bietet „match“ – und nun sind auch bald 200 Fahrzeuge von MOIA elektrisch zwischen Elbe und Alster unterwegs. Ich habe mich mal auf die Reise gemacht und das Angebot getestet.

Optisch sehr ansprechendes Konzept

Zunächst: Die Fahrzeuge fallen auf. Sie dienen neben der umfassenden „out of home“-Kampagne der Volkswagen-Tochter selbst als das beste Werbeschild auf der Straße. Immer wieder fahren sie an mir vorbei. Edel in gold-schwarz gestaltet. Und ganz schön groß. Das merke ich auch, als ich mir für eine Fahrt von Eimsbüttel in die Hafencity ein MOIA buche. Ich kann auswählen, ob ich sofort oder in 5 bzw. 10 Minuten fahren möchte. Ein vorheriger Versuch scheiterte an einer ausgelasteten Flotte – nachgefragt ist dieses Angebot also jetzt schon. Ich begebe mich an den vorgeschlagenen Einstiegspunkt, das MOIA sirrt auf mich zu – und ich steige ein. Stehend, ohne den Kopf zu senken, denn das lässt die Höhe bei meinen 1,68 Metern nahezu ohne Probleme zu. Die Fahrt setzen wir zum nächsten Zustiegspunkt fort. Jemand möchte bei „Raboisen“ zusteigen.

Rundum-Blick auf Straßenverkehr

Erste Schwierigkeiten hat der Fahrer des MOIA dann auch schon in Eimsbüttel selbst. Sobald zwei PKW raumgreifend geparkt sind oder ein Paketlieferant im Weg steht, geht nix mehr. Das Fahrzeug ist für diese Zwecke einfach zu groß. Obwohl der Fahrer sehr geschickt im Umgang mit dem Transporter ist, muss er mehrfach warten, bis sich Wartesituationen entzerren, denn überholen oder umfahren ist nicht drin. Auch die Fahrtroute selbst kommt mir ein wenig umständlich vor, aber vielleicht umgeht der Algorithmus auch Stellen, an denen es unnötig eng werden könnte. Beeindruckend ist jedoch der Rundum-Blick, der sich durch umfassende Verglasung des Fahrzeugs ergibt. Auch die Sitze sind in edlem weiß, haben USB-Anschlüsse und es gibt Wlan an Bord.

Zustieg mit Krücken schwierig

Bei Raboisen angekommen wollen zwei Menschen zusteigen. Es ist jedoch nur eine Person angemeldet. Ich sitze in Fahrzeug 13, darauf weist der Fahrer hin. Damit ist die Dame mit den Krücken, die bereits umständlich eingestiegen ist, freundlich aufgefordert, IHR MOIA abzuwarten. Ihr fällt der Zu- und Ausstieg sichtlich schwer, die Treppen sind sehr hoch für mobilitätseingeschränkte Menschen. Immer wieder meldet mir derweil die App, „sorry, wir sind spät dran“. Das stimmt, denn ständig stehen wir, wie alle anderen PKW-Fahrer, im Stau. Und das ist ein Makel, das kein Mobilitätsangebot aktuell ausgleichen kann. Immerhin stößt mein MOIA keine Emissionen aus, sondern fährt lokal mit Vision zero.

Fazit

Ich mag das Fahrzeugkonzept, ich kann es mir sehr gut für bestimmte Anwendungen vorstellen. Denn in meinem Falle hat es sich weder preislich noch zeitlich gelohnt. Das seht ihr an der Gegenüberstellung mit dem HVV-Tarif und den Verbindungen per Ubahn. Und auch im Wohngebiet kamen wir ungewollt manchem Radler sehr nahe, weil schlicht zu wenig Platz war. ABER: Als „Zulieferer“ von Vororten zu großen Nahverkehrsstationen, als „Einsatzwagen“ bei S-Bahn-Ausfall oder als „Heimkehrer“ nach großen Konzerten finde ich das Fahrzeug eine tolle Ergänzung zum Nahverkehrsnetz. Und eins brauchen MOIA und alle anderen cleveren Ideen: Eine Plattform, auf der sie ALLE gleichzeitig zu finden und zu vergleichen sind, sowie mehr Platz auf der Straße, der nur vom privat gefahrenen PKW kommen kann. Und DAS sind momentan noch Details, die ungelöst sind. Die aber enorm wichtig sind, um Attraktivität zu steigern.

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