Ich bin zur Initiative „ÖPNV nachhaltig finanzieren und fahrscheinfrei nutzen“ von Dialog Gesundheit und Klima interviewt worden. Meine Gedanken möchte ich gern auch hier mit euch teilen. Die Herren hinter dieser Idee haben dazu auch ein ausführliches Buch geschrieben.
Vorweg: Ich finde es IMMER großartig, wenn Menschen Vorschläge unterbreiten, die konstruktiv nach Wegen raus aus der katastrophalen, dabei politisch gewollten und gesellschaftlich zu lange akzeptierten Marodierung unserer ÖV-Systeme unterbreiten. Denn ja: Es geht neben dem politischen Willen vor allem auch um Geld. Das Deutschlandticket war eine ungeplante Idee auf Bundesebene als Reaktion zum Tankrabatt, um endlich das erste Mal auch Menschen etwas zu geben, die nicht Auto fahren können oder wollen. Das Ticket ist ein massiver Klima- und Umstiegserfolg, dennoch wird an dieses immer wieder ein Fragezeichen gemacht, die Nutzenden verunsichert und die, die vielleicht umsteigen würden, sehen aufgrund der Unplanbarkeit davon ab. Zudem nimmt dieses Ticket ungeplante 1,5 Milliarden Euro aus den Kassen der Länder und damit der ÖV-Finanzierung vor Ort. Dies hat bereits zur Einstellung von Linien und Taktverschlechterung geführt. Also genau zu dem, was wir gerade nicht brauchen.
Im Blog könnt ihr gern mal nach meinen Artikeln zum Deutschlandticket suchen – es ist zudem ein Unding, dass Autokaufprämien wieder eingeführt wurden – am Ticket aber immer wieder gerüttelt wird.
Die Fragen der Redaktion und meine Antworten:
1. Wie zielgerichtet ist die Idee, den ÖPNV ähnlich wie den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu finanzieren?
Die Grundidee adressiert zwei zentrale Probleme:
Planungssicherheit: Eine beitragsbasierte Finanzierung würde den Verkehrsunternehmen endlich verlässliche, langfristige Einnahmen garantieren. Aktuell führt die Abhängigkeit von jährlichen Haushaltsentscheidungen zu ständiger Unsicherheit und verhindert strategische Investitionen in Infrastruktur und Personal.
Systemwechsel: Der Vorschlag vollzieht gedanklich den Schritt, den wir dringend brauchen – weg vom ÖPNV als defizitärer „Zuschussbetrieb“, hin zur öffentlichen Daseinsvorsorge, die als Grundrecht verstanden wird. Mobilität ist keine Ware, sondern ein Menschenrecht.
Der Vergleich mit dem Rundfunkbeitrag ist aber auch heikel. Der ÖRR steht gesellschaftlich unter enormem Druck, ist umstritten und wird von vielen als Zwangsabgabe empfunden. Diese Debatte würde sich beim ÖPNV wiederholen – mit dem Unterschied, dass Menschen auf dem Land argumentieren würden: „Warum soll ich zahlen, wenn hier nur zweimal am Tag ein Bus fährt?“
2. Welchen Effekt hätte die Idee auf den ÖPNV?
Positive Effekte:
- Ticketloser ÖPNV: Wegfall von Kontrollen, Automaten, Tarifdschungel etc. spart Verwaltungskosten und macht den Zugang barrierefrei. Menschen steigen spontan ein, ohne vorher zu überlegen, ob es sich „lohnt“.
- Mehr Nutzung: Studien aus Städten mit kostenlosem ÖPNV (z.B. Tallinn, Luxemburg) zeigen: Die Fahrgastzahlen steigen deutlich, wenn die psychologische Hürde des Ticketkaufs wegfällt.
- Soziale Ger…


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