Markus Söder scheint sich ja selbst nicht ganz ernst zu nehmen, wieso sollte ich ihn ernst nehmen? Zitat von Robert Habeck

Spiegel-Klimakonferenz zeigt massive Kommunikations- und Aktionsprobleme zwischen Autoindustrie und Politik.

Ich habe mir einen freien Abend „um die Ohren geschlagen“, weil ich auf der gestrigen Klimakonferenz vom DER SPIEGEL, moderiert von der stellvertretenden Chefredakteurin Melanie Amann, Gerald Traufetter, Thomas Schulz, Katharina Koerth und Cornelia Schmergal, ebenfalls Spiegel.

Ich habe mir die Mühe gemacht, weil diese Konferenz brilliant aufzeigte, was geschieht, wenn nacheinander ein CEO der Autoindustrie, Florian Huettl, Vorstandsvorsitzender von Opel, Robert Habeck, Wirtschaftsminister, und Dr. Markus Söder, bayrischer Ministerpräsident ihre Sicht auf die Transformation vor allem auch der Autoindustrie teilen:

Willentliche Missverständnisse, bewusstes Ausbremsen, aber auch besonnener Umgang mit Krisen und die bejahende Gestaltung einer industriellen Wende „clashen“ – ich überlasse Ihnen die Wertung, wer in diesen drei Rollen jeweils von mir gemeint sein könnte.

Ein paar Zitate.

Florian Huettl, Vorstandsvorsitzender, OPEL Automobile GmbH:

„Die Transformation des Unternehmens ist sehr tiefgreifend. Wir mussten investieren in Forschung, in Entwicklung, in die Werke, die entsprechend auf Multi Energy Plattformen umgestellt werden, müssen aber auch in die ganze Wertschöpfungskette: Rohstoffe, Batterien. Wir wollen in Deutschland Autos bauen. Und im Moment ist in der Tat die Geschwindigkeit etwas verlangsamt. Das ist vor allem ein deutsches Phänomen, muss ich sagen. Das haben wir uns auch ein bisschen selbst verursacht. Im Rest von Europa und außerhalb ist der Weg aber weiter in die Elektromobilität. Und ganz klar: Wir sehen die Elektromobilität als den einzig gangbaren Weg. Und hier brauchen wir Planungssicherheit.“

Diese klaren Worte taten gut. Die Autoindustrie gibt ein klares Bekenntnis zu Deutschland und zur Elektromobilität, wenn die Rahmenbedingungen nicht „wackeln“, als das beschlossene Verbrenneraus (das es erst 2035 und damit viel zu spät kommt – in ELF Jahren), die Flottengrenzwerte, die den Markt Richtung Elektro drücken. Man hörte schon raus, dass die Autoindustrie diese Entwicklung gar nicht in Sachen Klima so ernst nimmt, sondern weil der politische Druck sie dorthin lenkte. Auf diesen ist aber nun auch reagiert worden. Umso wichtiger, dass dieser Druck bestehen bleibt. Denn die Autoindustrie wird nie das Klima, sondern nur sich selbst retten. Da helfen auch große Giganten wie China, die vollelektrisch werden und deren Nachfrage nach deutschen Autos deswegen bröckelt. Carpitalismus eben.

Robert Habeck, Wirtschaftsminister:

„In der Perspektive ist es ja auch so, das bezweifelt auch die IG Metall nicht, dass die Arbeitskosten höher sind bei der VW Kernmarke, als bei anderen Modellen im Unternehmen. Es gab Unternehmen in anderen Branchen, die hatten einfach Liquiditätsprobleme, so ist es da jetzt nicht, sondern es ist die Wettbewerbsfähigkeit des Produktes, die gesteigert werden muss. In Europa sind zwei Millionen Autos – fossil wie elektrisch – weniger verkauft worden. Ob das konjunkturelle Ursachen hat oder eine strukturelle Veränderung im Mobilitätsverhalten ist, ist unklar. Was wir jetzt brauchen, ist eine Planungssicherheit hoch zu 2030 – 2035.“

Obwohl ich es Robert Habeck übel nehme, dass auch er wieder gegen den Koalitionsvertrag verstoßen und einen reinen Autogipfel einberufen hat (im Vertrag steht, dass dieses Format nicht mehr stattfinden und stattdessen Mobilitätsgipfel ganzheitliche Betrachtung möglich machen sollen…), auch wenn er Flottengrenzwerte verzögern will, wo ich immer noch hoffe, dass das nicht geschieht (siehe oben): Er hat noch keine Entscheidung getroffen, welche Maßnahmen er treffen wird. Eine leise Hoffnung in mir: Zumindest das fossile Dienstwagenprivileg könnte endlich fallen, so dass nur noch Elektrodienstwagen massive Förderung erhalten. Er schließt auch in der Analyse nicht aus, dass schlicht der Markt gesättigt ist und Menschen beginnen, anders unterwegs sein zu wollen als mit dem privaten Pkw – da, wo möglich.

„Kann trotz des kategorischen Vetos von Markus Söder die nächste Bundesregierung eine schwarz-grüne sein?“ Frage der moderatorin.

„Ich finde wenn man in Zeiten wie diesen – man muss ja nicht in Liebe ertrinken zueinander – aus Parteien der demokratischen Mitte Ausschließeritis betreibt,dann landet man am Ende nur noch mit Parteien zusammen,die Putins Politik nach Deutschland tragen,und das verstehe ich ehrlicherweise nicht. am Ende muss doch die Nähe zwischen den größten Unterschieden der demokratischen Parteien größer sein als zu einer Partei, die glaubt, die Ukraine hat den Krieg angefangen. dass meine Partei da ein Problem ist, scheint mir entweder gar nicht oder falsch gedacht zu sein.
Aber vielleicht kann man es auch ganz einfach machen:
Markus Söder scheint sich ja selbst nicht ganz ernst zu nehmen, wieso sollte ich ihn ernst nehmen?“

Markus Söder, bayrischer Ministerpräsident:

„Ich glaube, dass die Grünen falsche und schlechte Politik machen. Und deswegen hat man jetzt den Brandenburg das gesehen. Man muss Klimaschutzpolitik machen, aber es braucht dafür echt beileibe nicht die Grünen. Ich geh auch fest davon aus, dass wir bis 2035 beim klassischen Verbrenner fast die null Emission haben können, mit Technologie. Für den Export und all diese Dinge ist es extrem wichtig, dass wir die Technologieoffenheit haben mit Elektro, mit Wasserstoff und auch mit E Fuels. Ich halte die Regierungsmitglieder zwar für kommunikativ tief interessant, aber in der Sache für einfach schwach und schlecht. Auch den Bundeswirtschaftsminister. Der wäre an anderen Stellen sicherlich besser aufgehoben. Kultur und anderen Dingen, keine Frage. Die Grünen sind mir zu weinerlich.

Was für ein Unterschied oder? Null Plan, null Strategie, Handeln entgegen der Wünsche der Autoindustrie. Ich mutmaße, dass Söder die Zulieferindustrie näher ist als die Autoindustrie, da diese sehr viel mehr Möglichkeiten von „Geschäft“ verliert, weil der Verbrenner noch unzählige Teile und Wartung bedarf, während das Elektroauto sehr viel einfacher zu pflegen und bauen ist.

Michael Brigl, Head of Central Europe bei der Boston Consulting Group (BCG) möchte ich wertschätzend zurufen:

Wenn eine hochkarätige Beratungsfirma hier Partnerin ist, darf sie auch etwas moderne Foliensätze verwenden 😉

Der Auftakt war für mich ein Schock, da ausgerechnet Patrick Pouyanné, CEO, TotalEnergies SE die Chance für die Auftaktworte erhielt – und damit der Vertreter einer der zerstörerischen fossilen Industrien. Dies wurde von Melanie Amann aber auch kritisch am Ende hinterfragt, wohl auch, weil der Abschluss von einer jungen Klimaaktivistin gestaltet wurde: „Mir hat heute das Ohnmachtsgefühl vieler junger Menschen zu denken zu geben. Vielleicht sollte eine weitere Klimakonferenz mit einer jungen kritischen Stimme begonnen werden – statt mit der eines Vorstandsvorsitzenden eines Ölkonzerns.“

Hier geht es zu meinem Zusammenschnitt der Aussagen von Huettl, Habeck, Söder.

https://youtu.be/RnrvjAbh6w8
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6 Antworten zu „Spiegel-Klimakonferenz zeigt massive Kommunikations- und Aktionsprobleme zwischen Autoindustrie und Politik.“

  1. Das Video ist privat. Wie kann man es anschauen?


    1. habe es nochmal geändert. schräg. ich konnte es öffnen, geht es nun?


      1. Avatar von Michael Düchs
        Michael Düchs

        Jetzt geht es. Danke!


        1. Danke! Da hatte YouTube anscheinend nen Hick-Up.


  2. Avatar von Helmut Dirks
    Helmut Dirks

    „Man hörte schon raus, dass die Autoindustrie diese Entwicklung gar nicht in Sachen Klima so ernst nimmt, sondern weil der politische Druck sie dorthin lenkte. “
    Das Klima ist für die Automobilindustrie allenfalls ein Zukunftsscenario unter mehreren, das es zu beachten gilt (ebenso wie Abschottung von Märkten, politischen Veränderungen, technischen Entwicklungen, Kriege, Rohstoffverfügbarkeit etc.).
    Die Automobilindustrie ist ein kapitalistische Organisation innerhalb eines kapitalistischen Umfelds. Das Ziel der Automobilindustrie ist es, maximale Rendite für ihre Shareholder zu erwirtschaften. Damit sind alle unnötigen Kosten zu vermeiden und damit auch alle Umweltschutz- oder gesellschaftliche Themen, wenn sie sich für das Unternehmen nicht rechnen.
    Die Automobilindustrie ist amoralisch, d.h. Moral kommt innerhalb des Unternehmens nicht vor (ebenso in der Politik).
    Die Erkenntnis, dass Gesetze auch von der Automobilindustrie einzuhalten sind, ist noch relativ jung; erst nach Dieselgate ist dem Management die monetäre Tragweite von Gesetzesüberschreitungen/Betrug bewusst. Vorher galten diese allenfalls als sportliche Herausforderung.


    1. Gute Einordnung – danke für die Ergänzung!


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