Auszug aus dem Buch „Spitzenkräfte“, das hier bestellt werden kann.
Eine kurze, beschauliche Straße in Lingen. Hier ist Katja Diehl gerade zu Besuch. Hier hat sie auch einen Teil ihrer Kindheit verbracht. Und so beginnt das Gespräch mit zwei Personen mehr als sonst. Ihre Eltern seien beide Vorbilder für sie, sagt Katja Diehl bei Kaffee und Erdbeertörtchen. Danach folgt ein intensives Gespräch über weibliche Sicht- und Denkweisen in einer männlich dominierten Branche.
Erst wenige Monate zuvor hat Katja Diehl den Arbeitgeber gewechselt. In Teilzeit arbeitet sie seither in Berlin. Die andere Hälfte ihrer Arbeitszeit ist sie selbstständig. Eigentlich macht sie das von Hamburg aus. Aber guckt man in ihren Terminkalender, ist sie sehr viel unterwegs. Fast immer mit dem Zug. Neue Mobilität ist eines ihrer drei Schwerpunktthemen, zu denen auch New Work und Diversity gehören. Dazu äußert sie sich nicht nur auf Tagungen und anderen Veranstaltungen. Sie betreibt einen Podcast, twittert, publiziert in Netzwerken und Magazinen. Meistens online. Sie engagiert sich ehrenamtlich im Vorstand des Verkehrsclubs Deutschland, ist Mentorin – und sie berät Unternehmen in Sachen Mobilität.
Woher nimmt sie die Energie für diese Aufgaben? Aus Ruhe und Rückzug, aus Menschen, die sie wachsen lassen, aus täglicher Meditation – und Dankbarkeit, erzählt Katja Diehl. Und: „Ich glaube, ich habe ein Viertel mehr Kraft als zuvor. Die zu spüren und für die mir wichtigen Dinge einsetzen zu können, ist ein echtes Geschenk“, sagt sie über ihr neues Leben seit der letzten Festanstellung in Vollzeit. Sie genieße es, sich jetzt auf das Wesentliche – die inhaltliche Arbeit – konzentrieren zu können und eben nicht mehr in endlosen Sitzungen und Meetings festgehalten zu sein oder in Machtkämpfen Zeit zu verlieren: „Ich arbeite nur noch mit Unternehmen, mit deren Werten und Zielen ich mich identifiziere.“ Das klingt nach einem weiten Weg. Oder zumindest nach einem mit einigen Windungen.
„Mein erster ‚richtiger‘ Führungsjob hat meine Welt verändert – NIE hätte ich gedacht, dass ich mich überzeugt Feministin nenne und mich für eine temporäre Quote einsetze.“ Katja Diehl hat im Bereich Nachhaltigkeit vor allem in der Mobilität und der Logistik gearbeitet: „‚Meine Branche‘ ist definitiv nicht führend, was Gleichberechtigung angeht.“ Die Mobilitätsbranche ist von Männern dominiert, Frauen erobern zwar immer mehr Führungspositionen, aber sie sind immer noch die Ausnahme. Junge Frauen zu inspirieren, die Branche als attraktiv zu entdecken, versuche sie mit ihrer Arbeit zu erreichen. Und einen weiteren Punkt nennt Katja Diehl: „Definitiv meint es nicht jeder Vorgesetzte ernst, wenn er dich auffordert, kritisch zu sein. Es sind viele in ihrer Komfortzone und wollen dort auch bleiben. Das musste ich erstmal verstehen und reflektieren.“ Sie habe lernen müssen, die Grenzen von Kritik zu erfahren und ihre Art der Kommunikation auf das Gegenüber abzustimmen. Gestolpert sei sie auch, als sie offen nicht nur über die Erkrankung eines nahestehenden Menschen gesprochen hat, sondern auch über ihre Überforderung, in dieser Situation allen gerecht zu werden. Ihr Wunsch, Überstunden abzubauen, um für den Menschen da zu sein, sei nicht genehmigt worden. „Im Anschluss hatte ich das Gefühl, dass es fast als Makel angesehen wurde, so offen mit einer belastenden Situation umzugehen.“ Heute habe sie im beruflichen Umgang mit Menschen zu tun, die Grenzen im Privatleben achten: „Das ist mir enormes Glück.“
Umfeld/Familie
Strategie
Live-Work-Balance
Strategie
Männer und Frauen
Umgang mit Hindernissen
Strategie
Als etwas „unfassbar Schönes“ empfindet sie es, über ihr Leben verfügen zu können, sagt sie auf die Frage, ob sie Macht hat. Sie habe die Macht zu bestimmen, was ihr Leben lebenswert mache: „Ich habe mein Leben in Händen, fühle mich nicht mehr fremdbestimmt, sondern ganz bei mir. Und darin liegt eine enorme Macht. Ich ziehe (fast) nur noch Menschen an, die ich auch in meinem Leben haben möchte.“ Auch darin, nicht mehr dafür belächelt zu werden, was sie erreichen will, liege sehr viel Macht. „Macht heißt für mich auch, nein zu sagen zu Kunden, die nicht zu mir passen oder mich für wenig Geld buchen wollen.“ Sie gebe nicht mehr viel auf Menschen, die sie kleinmachen möchten, sondern höre auf Personen, die sie beflügeln. „Und ich mache andere sichtbar und groß, die das verdienen.“ Das sei für sie echte Macht.
Schreibe einen Kommentar