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EMOTION Women’s Day 2019

Ich war auf dem EMOTION Women’s Day – und es war sehr viel dort, das mir gefallen hat – aber auch einiges, was mir zeigt, WIE unterschiedlich Feminismus nunmal ist. Vorweg: Ich war NOCH NIE auf einer Konferenz, die so sehr das persönliche Lernen und Wachsen in den Vordergrund gestellt hat. Noch nie habe ich auf den in meiner Branche üblichen Konferenzen erlebt, dass gesagt wurde: Mit dieser Idee bin ich gescheitert – aber ich habe verschiedene Dinge daraus gelernt. Unsere Welt ist eine polierte, die nur die Erfolge nach vorne stellt – während in den News nur die Katastrophen Platz erhalten. Dabei stehen wir doch alle auf Geschichten. Auf Heldinnengeschichten. Und es gibt – so meine Meinung – keine Heldin ohne blutige Knie und Tränen. Denn genau das macht Menschen zu Helden: Dass sie es wagen und aushalten, auch mal sagen zu müssen: Doofe Idee – aber immerhin versucht.

Polieren – muss sein?

Und damit kommen wir auch schon übergangslos zu dem einzigen Part, der mir nicht gefiel: Die ein Stockwerk große Beauty-Abteilung. Ich kam mir hier vor wie in einem altertümlichen Kaufhaus. Riesige Spiegel, Leuchten, Schminktische, Fotoecke. Es wurde korrigiert, beraten, gemalt und dann geknipst. Denn auch hier ist die Frau, so wie sie ist, immer noch verbesserungswürdig. Dass das das reale Leben ist, ist mir bewusst – ich bin nicht naiv. Und auch, dass namhafte Sponsorenbeträge dafür Sorge tragen, dass hier ein riesiger Raum für Verschönerung zur Verfügung steht. Mich hat das traurig gemacht. Denn es wurden in den kleinen, zum Teil überfüllten Räumen SO tolle Geschichten jenseits von Beautywahn und nah am Herzen erzählt, dass ich das Pinselgewedel und Abgedeckt von so genannten Makeln im Vergleich richtig furchtbar fand. Auch ich nutze zaghaft Beautyprodukte, und ja: Auch täglich. Aber hier wurden Gesichter für Fotos gepimpt. Anstatt genau zum Gegenteil aufzurufen: Schminkt euch ab und wir zeigen euch, WIE schön ihr seid. Aber damit auch Ende dieser Zwischenbemerkung.

Welche Zitate blieben hängen?

Frauen und Mädchen haben ein Recht auf Wut. Boys will be boys ist nicht mehr akzeptierbar. Unsere Höflichkeit steht uns im Weg. Das sollten wir nicht mehr zulassen. Soraya Chemaly

Ich hatte nur noch Macht über meinen eigenen Körper. Nur durch den Hungerstreik kam mein Fall in Bewegung. In der Türkei will der Staat alle Frauen brechen, die mehr als Mutter sind. Im Gefängnis habe ich Frauen kennengelernt, die mich aufgefangen haben. Hier zählte vor allem eins: Solidarität in der Praxis. Hilfe und Unterstützung zwischen Frauen. Mesale Tolu

Wut kommt aus Empathie, Gefühl für Gerechtigkeit und Wichtigkeit von Menschen, die benachteiligt sind. In der Wut habe ich die besten Freunde gefunden. Die auch wütend waren über Dinge, die falsch liegen. Wut kann und sollte einen gegen falsches Verhalten. [Female] anger should be seen as a metaphor for space. Soraya Chemaly

Was brauchen wir für Wandel? 1. equal pay 2. new work 3. Frauenquote 4. Kulturwandel (neue Rollenbilder) 5. Schluss mit gegenseitigen Bewertungen 6. mehr Solidarität unter Frauen Kasia Moi-Wolf

Was brauchen wir? – Wissen über Systeme – Gleichheit bezahlter und unbezahlter Arbeit – Männer als Teil der Lösung – beenden, sich anzupassen – Psychologische Sicherheit statt Statussicherheit – Check your Privilege! Robert Franken

Welche Fakten?

Wenn Frauen 30 Prozent der Länge von Meetings sprechen, werden sie von Männer UND Frauen als „too much“ wahrgenommen.

Wer bliebt mir im Gedächtnis?

Vor allem „lionhearted“ Nina Mazat. Sie überstand den Brustkrebs und kämpft täglich dennoch gegen drei – wie sie sie nennt – Grinches. Ihr seht das in meinen Aufzeichnungen. Ihre Story ist natürlich eine Heldinnenstory. ABER: Als der Krebs besiegt und sie sich sicher war, dass sie ihr Leben nun wirklich nah bei sich und nicht nah an Macht und Geld leben möchte, kam ihr Umfeld eben nicht wie im Film und verlieh ihr die dafür notwendigen Flügel, sondern es stutzte diese sogar. Mit Bedenken und Bremsen. Sie hat sich davon auch beeindrucken, aber nicht vom Weg abbringen lassen. Und heute das erste Mal öffentlich ein Bild von sich gezeigt, inmitten der Chemotherapie, von selbiger gezeichnet. Sich verletzlich machen „lohnt“ sich, weil andere es dann auch sein können. „Lionhearted“ bedeutet eben auch, mal nicht weiter zu wissen. Um Hilfe und Unterstützung zu bitten, zu fallen und unsicher zu sein. Darüber zu sprechen ist heute noch mutig, bald hoffentlich ist es normal, weil andere dann schneller von uns lernen können und unsere Fehler nicht wiederholen müssen.

Robert Franken: Stop fixing the women!

Ich bin total bei Robert: Es muss aufhören, dass Frauen Bücher lesen, wie sie sich besser anpassen, um beruflich erfolgreich zu sein. Es muss aufhören, uns zu Seminaren zu schicken, die uns begreiflich machen, wie der Mann als Vorgesetzter und Kollege nunmal (anders) tickt. Es muss aber – und diesen Aspekt würde ich mir für die nächsten Vorträge ergänzend wünschen – ein Crossmentoring zwischen Männern und Frauen geben, indem wir in der persönlichen Begegnung voneinander lernen und die Vielfalt als Geschenk zu begreifen lernen. „„Frauen müssen nicht geändert werden. Sie sind genauso gut oder schlecht wie Männer. Ändert dieses Narrativ SOFORT! Es liegt nicht an den Frauen, es liegt an der gut geölten Maschine privilegierter Männer.“ Aktuell bedarf es noch geschützter Räume, da Frauen im Job vielen Repressalien ausgesetzt sind, wenn sie eine von wenigen sind. Aber wie lernen wir aus Lebenläufen wie dem von Robert, wo Feminismus und Wunsch nach Parität im Mann geweckt werden kann? Wie machen wir Männer sichtbar und stark, die insgeheim genau das schon wollen, sich aber im patriarchalischen System noch nicht trauen, damit offen umzugehen? Plus: Es bedarf aktuell noch guter Wut, die hilft, den Status Quo zu überwinden. „Das Patriarchat ist eine gut geölte Maschine, in der wir Männer es uns bequem gemacht haben.“ Oder: Wie Marian Salzman im Gespräch mit Michael Trautmann sagte: „The world is still a disgusting sexist place.“ Let‘s fix this. Und zwar zusammen.

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