„Die Revolution wird von unten kommen. Weil die Menschen begrei-Jen, dass sie zu viel Lebensqualität an Autos abgegeben haben."

Zu Gast im Ökotest-Magazin: Verkehrswende im Schneckentempo.

Alle reden von der neuen Mobilität, allerorten entstehen innovative Konzepte – doch viele enden in der Sackgasse. Elektro-Revolution? Auf der Kriechspur! Ausgerechnet der Verkehr bremst den Klimaschutz aus. Wie kann Deutschland noch die Kurve kriegen? Eine neue ÖKO-TEST-Serie.

„Überall ist etwas in Bewegung“, sagt Zimmer. „Wenn wir die verschiedenen Stränge konsequent und
strategisch verfolgen, kommen wir auch mit der Verkehrswende wirklich voran.“ Während sich Agora Verkehrswende als Beratung und Netzwerk versteht, setzt die prominente Verkehrswende-Aktivistin Katja Diehl kaum noch Hoffnung in die neue Merz-Regierung. Schon die alte Ampel- Koalition habe nichts für die Mobilitätswende gebracht. Nun sei sogar das Ziel gestrichen worden, die Fahrgastzahlen der Bahn zu verdoppeln. Stattdessen sollten Hybrid-Autos wieder gefördert werden.

Deutschlands Nachbarländer würden es längst besser machen: In den Niederlanden und Skandinavien gibt es neben einer guten Autoinfrastruktur auch hochwertige Radwege, in der Schweiz und Österreich besteht neben guten Autobahnen auch ein dichtes Bahnnetz. „Bei uns funktionieren beide Alternativen nicht“, sagt Diehl.

Die Beraterin und Autorin, die unter dem Titel bloggt und einen Podcast hostet, hat auch preisgekrönte Bücher zur Mobilitätswende geschrieben. Ihr Bestseller Raus aus der AUTOkratie – rein in die Mobilität von morgen! erschien 2024 im S. Fischer Verlag. Dafür hat sie rund einhundert Interviews mit Fachleuten und Vorbildern vor Ort geführt.

Bereits 2023 erschien: Autokorrektur – Mobilität für eine lebenswerte Welt. Dennoch hat sie ihre Hoffnung in die Regierungspolitik weitgehend aufgegeben – sie setzt ihre Zuversicht nun in eine andere Vision. „Die Revolution wird von unten kommen“, ist Diehl überzeugt. „Weil die Menschen begreifen, dass sie zu viel Lebensqualität an Autos abgegeben haben.“

Auch die Niederländer hätten sich ihre großartige Radwegeinfrastruktur mit der Kampagne „Stop de kindermoord!“ in den 1970er-Jahren erkämpft. „Es geht nicht um Verzicht“, betont Katja Diehl, „sondern um
bessere Lebensbedingungen für alle.“ Denn echter Mobilitätswandel bedeute, dass möglichst viele Menschen ohne eigenes Auto selbstbestimmt und sicher mobil sein können.

Vorreiterprojekte in Deutschland

Vorreiter gibt es nicht nur in Paris, Kopenhagen, Barcelona und Amsterdam – sondern auch vor der Haustür. Nordhorn im Südwesten Niedersachsens sorgte dafür, dass 40 Prozent der täglichen Wege auf dem Rad zurückgelegt werden, nachdem an den Ufern der Vechte unterbrechungsfreie Radwege
angelegt wurden. „In Nordhorn fährt man durch“, sagt Diehl. Der Großraum Hannover hat mit „Sprinti“ Deutschlands größtes On-demand-Rufbussystem aufgebaut, das mit bis zu 120 Fahrzeugen täglich
zwölf Orte versorgt – in einem Gebiet größer als Berlin. Bad Lauchstädt im Saalekreis mit kaum 9.000 Einwohnern hat Carsharing begonnen. Und die estnische Hauptstadt Tallinn habe viele Parkflächen unter die Straßen verlegt und dafür breite Radwege geschaffen.

„Dort zu radeln, ist ein Genuss“, sagt Diehl. „Die Beispiele zeigen, dass Eingriffe nicht groß sein müssen, um die Verkehrswende zu schaffen.“

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