Ich stehe an einem weißen Redner:innenpult mit Blick ins Publikum

Zu Gast auf dem NAH.SH-Kongress in Lübeck: Kurzer Rückblick der Veranstalter:innen

Gut besuchter NAH.SH-Kongress zur Mobilitätswende in Lübeck

Reger Austausch der Branche, konzentrierte Zuhörer*innen und eine klare Botschaft beim NAH.SH-Kongress am 6. September in der Kulturwerft Gollan in Lübeck: Der Nahverkehr befindet sich in einer Zeit des Aufbruchs und die Mobilitätswende erfordert vielfältige Anstrengungen.

Für Jan Lindenau, Bürgermeister der Hansestadt Lübeck, der die gut 100 Kongressgäste begrüßte, ist es ganz klar, was der ÖPNV in Schleswig-Holstein benötigt: „einfache Tickets ohne Tarifdschungel sowie eine gute Taktung – und weniger Diskussionen um die Finanzierung“. Dr. Arne Beck, Geschäftsführer der NAH.SH und der neue Staatssekretär des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Ar-beit, Technologie und Tourismus des Landes Schleswig-Holstein, Tobias von der Heide waren sich in ihren einleitenden Worten einig, dass der Nahverkehr noch nie so sehr im Fokus stand, wie in dieser Zeit. „Unser Ziel ist es, in Schleswig-Holstein die Mobilität von Tür zu Tür ermöglichen“, so der Staatssekretär.

Die Mobilitätsexpertin Katja Diehl brachte ihre Position in ihrem anschließenden Vortrag auf den Punkt: „Das Auto hat in der Politik eine priorisierte Stellung, die zurückgenommen werden müsste. Aber in Deutschland ist das Auto unantastbar“ Um weg vom Auto zu kommen, gäbe es fünf Anreize: Alternativen, Barrierefreiheit, Sicherheit, Bezahlbarkeit und Klimagerechtigkeit. Außerdem sollte man die Gelder, die in die Autoindustrie gesteckt werden, lieber in die Umweltindustrie investieren, zu der auch der Nahverkehr gehört.

Prof. Dr. Christian Grotemeier, der an der Hochschule RheinMain Mobilitätsmanagement und BWL lehrt, brachte in seinem Vortrag ein ganz anderes Thema auf: die langwierigen Entscheidungsprozesse in der Branche. „Wir reden von der Verdopplung der Fahrgäste innerhalb der nächsten acht Jahre – dann müssen auch die Planungs- und Umsetzungszeiträume radikal in Frage gestellt werden“, so Grotemeier. Er war beeindruckt von der Agilität, die das 9-Euro-Ticket freigesetzt hat – weil die Politik Druck gemacht hat. Agiles Management sollte in der Branche dringend vorangetrieben werden, um die Verkehrswende meistern zu können.


Beim anschließenden Podium ging die erste Frage, was die Folge der drei Monate 9-Euro-Ticket sei, an den Gastgeber. „Die Branche kann stolz darauf sein, dass sie in so kurzer Zeit dieses Ticket auf die Beine gestellt hat. Jetzt ist die Zeit des Aufbruchs und der Chancen des Nahverkehrs“, so Arne Beck.

Staatssekretär von der Heide ergänzte, dass sich der ÖPNV „einer neuen hohen Offenheit erfreut“. Diskutiert wurde in der Folge über zu verschlankende Strukturen, die Vereinfachung der Finanzierung und darüber, dass es ohne Personal keine Verkehrswende gibt, warum die Wichtigkeit der Klimawende nicht erkannt wird und dass der Nahverkehr „stylischer“ gemacht werden sollte, damit er genutzt wird. Lübecks Oberbürgermeister plädierte dafür, dass „man die Autofahrer nicht als Gegner betrachten, sondern zu Verbündeten machen sollte“. „Die Fahrgäste und potenziellen Fahrgäste stehen im Zentrum des Ganzen – und das Verhalten von Menschen ändert sich, wenn ihre Bedürfnisse gehört und das System einfacher wird“, so Prof. Dr. Thomas Franke, Ingenieurpsychologie und Kognitive Ergonomie am Institut für Multimediale und Interaktive Systeme der Universität zu Lübeck.

Das abschließende Statement von Katja Diehl, dass „die Branche vielleicht weniger eitel und perfekt sein sollte“, unterstrich der NAH.SH-Geschäftsführer mit den Worten: „Wir sollten die Dinge anpacken und einfach mal machen – das Momentum nutzen und mutig sein.“ „Und schnell einen Nachfolger für das 9-Euro-Ticket beschließen“, ergänzte der Staatssekretär Tobias von der Heide.“

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