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Frithjof Bergmann ist verstorben – und ich vermisse ihn

Kann Frau jemanden vermissen, den sie noch nie getroffen hat?
Mit dem sie nur ein sehr persönliches Gespräch per Videocall geführt hat?
Yes, she can.
David Helmboldt, der Freund von Frithjof Bergmann, hat mich am 24. Mai informiert, dass unser nächstes Treffen per Video nicht stattfinden kann, weil Frithjof soeben verstorben sei.
Nach meinem Nazishitstorm vor einer Woche war ich allmählich dabei, wieder aus meinem Loch und der Anspannung herauszukrabbeln – jetzt bin ich wieder „mittendrin“.
Es ist etwas irreal, weil ich ihm noch nie die Hand geschüttelt habe, aber ich habe – das wiederum ist mir wichtig zu sagen – sowohl zu Frithjof als auch zu David eine Nähe empfunden, die selten aber immer dann entsteht, wenn wir auf Gleichgesinnte einer MIssion treffen, die vielleicht die schwerste ist: Die Welt zum Besseren für alle zu verändern.
Eben nicht nur für Jene in Macht und Geld, die eher daran interessiert sind, das aktuelle System zu wahren, sondern für Jene, die stets von der Elite als Ausrede missbraucht werden, nichts zu tun.

Wer Frithjof kannte, weiß, wie wichtig ihm der menschliche Faktor in seinem Arbeitsleben war.
Wie wütend es ihn machte, dass sein Konzept der Neuen Arbeit von zu vielen in eine hohle Phrase verwandelt wurde.
Umso mehr fühle ich die Verantwortung, sein Vermächtnis weiterzutragen und die Menschen zu fragen:
„Was wollt ihr wirklich tun?“

RIP mein Freund – ich kann nicht in Worte fassen, wie stolz es mich macht, dass du mich für ein Gespräch mit dir ausgewählt hast.

Frithjof war sich sehr bewusst, was in Deutschland passiert, er fragte mich, ob wir – wie in den USA schon seit einiger Zeit – Angst vor Armut und dem Verlust von Arbeitsplätzen haben, weil wir einen Systemwechsel brauchen. Wir haben es nicht geschafft, diesen Wandel zu gestalten, aber Frithjof dachte, er ist noch möglich.

In den 80er Jahren etablierte er seine Idee von New Work erstmals aufgrund der beginnenden Krise der Autobauer in den USA. Er gründete deshalb 1981 das Center for New Work in Flint und entwickelte eine Reihe von Vorschlägen über Arbeit als Berufung und als Mittel zur Selbstverwirklichung, im Wechsel mit der regulären Beschäftigung und unter Einbeziehung einer Selbstversorgung, die durch die Technologie selbst möglich wird. Er hat nie aufgehört, ein Vordenker einer menschenzentrierten Welt zu sein – beginnend mit „New Work“ als ein echtes Umdenken über die Freiheit eines jeden von uns. Indem er den Fokus von außen auf das Innere des Menschen verlagert, zeigt Frithjof, wie Freiheit in der Selbstentfaltung, in der Elternschaft, in der Erziehung und in der Gestaltung einer Gesellschaft, die das Selbst stimuliert, statt es zu zerstören oder still und tot zu machen, Wirklichkeit werden kann.

Er erinnert uns daran, dass das „Jobsystem“ zur Organisation von Arbeit erst etwa 200 Jahre alt ist – seit der industriellen Revolution. Es war schon immer problematisch und steht nun kurz vor dem Zusammenbruch, und was danach kommt, ob zum Guten oder zum Schlechten, hängt von den Entscheidungen ab, die in der aktuellen Zeit getroffen und ausgeführt werden. Die jetzige Zeit ähnelt sehr der Zeit seines ersten Ansatzes, die Arbeit zu verändern. Vorausschauend auf die sich abzeichnende Katastrophe begann Frithjof Bergmann, Alternativen zum System Arbeit zu entwerfen – und er ist immer noch dabei. Er begann mit der Förderung des Dialogs über die Milderung der Folgen von Entlassungen in Zeiten der Rezession unter der Belegschaft in der Autoindustrie und in der Gemeinde, was ihm sehr vertraut ist mit dem, was er jetzt in Deutschland sieht. New Work, New Culture erzählt die Entwicklung seiner Ideen und beschreibt einen Weg, dem die Menschheit folgen könnte, damit alle ein besseres Leben führen können.

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