Die Pläne und Ideen einiger Rechtsextremisten, die in den letzten Wochen offenbart wurden, haben mich sehr erschüttert, aber sie haben eines klar gemacht. Jeder einzelne von uns trägt Verantwortung für die Zukunft.
Korrektiv wurde 2014 gegründet. Wir, die Schöpflingstiftung, unterstützen correctiv seit 2014. Und heute, zehn Jahre später, noch immer. Und wir unterstützen auch noch in 2025 und 2026. Sie sehen, gut Ding braucht einen langen Atem. Darum meine Bitte, unterstützen auch Sie den Leuchtturm correctiv.
Wir sind hier heute im Namen des Jugendrat Lörrachs. Wir sind ein demokratisch gewähltes Gremium, welches die Interessen der Jugendlichen in Lörrach betritt. Und wir sind eines von den vielen, vielen Beispielen in unserem Land, dass die Demokratie das mächtigste und wichtigste Werkzeug ist, das wir alle haben. Und genau aus diesem Grund ist es unsere aller Pflicht, dass wir dieses Werkzeug schützen und stärken.
Ich kenne zwei Wissenschaftler, die so schnell wie nie zuvor einen Impfstoff entwickelt haben, die uns allen ein gesundes Leben ermöglicht haben. Ein Leben ohne Abstand und ohne Masken. Ein Leben mit Umarmungen und mit Versammlungen wie diesen. Özlem Türeci und Uğur Şahin, beide mit türkischer Abstammung. Ich kenne eine ursprüngliche Schauspielerin, die aber auch politische Aktivistin ist, die laut ist für die Stillen und stark ist für die Schwachen. Ihr Name ist Enissa Amani, sie mit iranischer Abstammung. Ich kenne unseren Landwirtschaftsminister, der gerne radelt, er mit türkischer Abstammung. Ich kenne unseren Bundestagsabgeordneten, er mit griechischer Abstammung. Ich kenne meinen Nachbarn mit rumänischer Abstammung, der immer nett ist und hilfsbereit, wo er kann.
Als sich vor zehn Jahren correktiv das gemeinnützige Medienhaus gegründet hat, es hat eine enge Verbindung zu Lörrach, dank Herrn Schöpflin und der Schöpflin Stiftung, die uns all die Jahre begleitet haben, hatten wir einen Satz: „Recherchen für die Gesellschaft und dass unsere Recherchen die Demokratie fördern“. Das klingt immer sehr theoretisch, aber nach unserer letzten Recherche ist das in Realität sichtbar geworden. Auf einmal ist eine Geschichte, hat die Echokammern verlassen, die Blase verlassen, die Leute haben darüber geredet und sie stellen auf einmal fest, jetzt liegen die Karten auf dem Tisch. Jetzt wissen wir, was gewisse Kräfte in diesem Land wollen und vorhaben und wir können uns damit auseinandersetzen.
Und ein zweiter, ganz wichtiger Punkt ist unseres correktiv-Selbstverständnisses, unseres Medienhauses, die Demokratie zu fördern. Demokratie ist nicht nur Gesetze, Demokratie sind wir. Jeder von uns ist verantwortlich in den Schulen, im Beruf, in der Nachbarschaft für diese Werte zu streiten und zu diskutieren. Und das heißt natürlich auch, die Nöte und Ängste ernst zu nehmen, aber auch klar zu sagen, dass die Lösungen, rassistische Lösungen, diese Fantasien eines monoethnischen Staates, denn das ist genau, was sie wollen, dass das keine Lösung ist, sondern dieses Land letztendlich in die Katastrophe führen könnte. Und das müssen wir im Grunde genommen debattieren.
Die Recherche ist eben der Versuch, faktenbasiert etwas zu erzählen. Und wie ihr darauf reagiert, nicht nur in Lörrach, sondern in ganz Deutschland, es ist schon fast unglaublich. Ich habe schon gedacht, als wir an der Recherche gesessen haben, oh die Geschichte, die wird schon einen gewissen Effekt haben. Aber was daraus sich entwickelt hat, übersteigt unsere Erwartungen. Aber es zeigt natürlich auch das Schöne, dass Recherchen und Geschichten und die Medien etwas bewirken können. Und das ist ein Teil unserer Demokratie, dieser Auseinandersetzung. Und ihr seid Teil, ihr müsst das dann weitertragen in den Diskussionen.
correctiv, wir sind seit zehn Jahren im Geschäft als gemeinnütziges Medienhaus, wie gesagt auch immer mit der Schöpflin-Stiftung verbunden seit der Zeit. Für uns beginnt die Recherche nicht mit dem Leak, sondern wir stellen eine Frage, das ist eine offene Recherche. Wir sagen, das wollen wir herausfinden. Und im Sommer haben wir uns zusammengesetzt und haben gesagt, so, was ist eigentlich die Strategie der AfD und der rechtsextremen Kräfte in Europa für das zentrale Wahljahr 2024. Das wollen wir herausfinden. Und dann haben wir unsere Netze geworfen. Und das war von vornherein klar, dass wir uns da zentral beschäftigen müssen. Für uns ist, wie gesagt, der Leak nicht der Beginn einer Recherche, sondern er ist schon das Resultat einer Frage.
Und unser Team besteht immer aus groß, also correctiv ist nie ein Einzeltanz. Das sind gemeinsame Kräfte, gemeinsame Fähigkeiten werden miteinander verbunden. Und hier möchte ich ganz besonders Jean Peters nennen, der sich da sehr engagiert hat, der seit einem Jahr bei correctiv tätig ist. Und da haben wir mit aller Kraft versucht, das zu finden. Und dann kam irgendwann eine Kopie dieser Einladung auf dieses Treffen in dem Hotel unweit von Potsdam. Das war unterschrieben mit einem Gernot Mörig. Den mussten wir auch erst mal googeln. Der kam aus Düsseldorf. Und dann stellten wir fest, das war ein Aktivist der rechtsextrem-neonazistischen Bewegung aus den 70er, 80er Jahren. Der aktiv in verschiedenen Netzwerken, in rechtsextremen Jugendcamps und in Schriften und in Organisationen von Studienzentren und Herausgaben von Zeitungen und Büchern. Und unterschrieben war diese Einladung von eben dem Herrn Limmer, den man also vom ehemaligen Backwerk kennt, Hans im Glück. Und die haben dann wieder so eine Einladung gemacht, Deutschland ist am Ende, wir können es retten, zahlen Sie 5000 Euro und dann haben wir den Plan. Und da war der Hinweis, dass das dann doch nicht nur eine rechtsextreme Kaffeefahrt ist, sondern dass da mehr dahinter steckt. Und dann haben wir gesagt, das müssen wir uns genau angucken und haben dann alle unsere Ressourcen darauf geworfen. Und wir haben es dann auch geschafft.
Wir haben es dann auch geschafft, einen Journalisten undercover an dem Tag als Gast ins Hotel zu schleusen. Und es war auch die Saunaboot-Recherche. Im Hotel lag eine Reklame für ein Saunaboot-Verleih. Ich weiß nicht, ob Sie das kennen. Das heißt, es ist ein Schiff und da ist eine Sauna drin. Und dann fährt man über die Spree und nach dem Saunagang schwimmt man in die Spree. Und dann ist das ja perfekt, weil dieses Hotel war zur Wasserseite offen. Und dann haben wir gesagt, dann bieten wir doch so ein Saunaboot, weil es ist ja im November abends. Und dann kann man dann vor dem Hotel hin und her fahren. Und die Leute, weil es ja dann dunkel ist und vor hell erleuchteten Fenstern, weiß man dann auch, wer dann drin ist.
Es wird gesagt hier, in der rechten Bewegung wird viel diskutiert über Russland, über die Ukraine, über Corona, über Palästina, über Israel. Da können wir uns ja streiten, aber das ist unwichtig. Das Wichtigste ist die Remigration. Und die Remigration ist einer dieser blank geputzten Worte der identitären Bewegung, die sozusagen das rassistische Ideal eines monoethnischen Staates oder Gemeinwesens mit neuen schönen Wörtern behaften wollen. Da ist eben der Ethnopluralismus, da ist der große Austausch. Und die gehen halt davon aus, dass nur ein Gemeinwesen mit einem Ethnokulturellen oder mit einem Ethos in einer ethnischen Identität nun glücklich sein kann. Und alles, was von außen kommt, ist fremd und muss entfernt werden. Das ist sozusagen die Grundidee dieser identitären Bewegung, die von Martin Sellner vertreten wird. Hoch eloquent, das ist also ein rechtsextremer Medienprofi. Ja, man sollte diese Leute nicht unterschätzen. Und diese Idee wurde dann gesagt, so, das wird uns einigen. Und dann ist also Martin Sellner gleich ins Eisen gestiegen und hat das auch bestätigt.
Und da kam gleich dann die Frage, ja, was machen wir mit den Staatsbürgern? Und die kriegen wir ja nicht raus. Und dann hat der Herr Sellner gleich eine Lösung gesagt. Er hat gesagt, ja, es gibt eben drei Gruppen, also die Flüchtlinge können wir sofort rauswerfen, die einen Aufenthalt haben. Dann kündigen wir einen Aufenthalt mit den Staatsbürgern, den nicht assimilierten, wie er es hier nannte. Dann könnte man über maßgeschneiderte Gesetze und einen Anpassungsdruck über ein Jahrzehnt eine Atmosphäre schaffen, dass sie eben das Land verlassen sollten. Und diese Diskussion, das ist spannend, sie macht so eine legalistische Atmosphäre. Über so eine Art Freiwilligkeit wird betont. Dann soll dem Geld bezahlt werden, dann Anpassungsdruck.
Und dann kam eben die Idee, noch ein Ort in Nordafrika zu gründen, wo sie dann auch hinkommen könnten. Und mit gleich dem Vorschlag, auch gleich die Leute dorthin zu fahren, die sich hier für Refugee Welcome eingesetzt hätten. So, und damit war sozusagen der Ton gesetzt. Und diese ganze Veranstaltung, also der Selner ist berühmt, kann man auch alles in seinen Büchern nachlesen, dass er sagt, das ist ja mal das Ziel und das Ziel muss umgesetzt werden. Und das kann nicht nur über eine Partei, sondern man muss sozusagen die gesellschaftliche Stimmung, dieses Vorfeld vorbereiten. Er hat sich da angelehnt an den kommunistischen Strategen Gramsci, dieses Grassroot, dass eine Idee wachsen muss. Und da sagt er so, das muss dann über verschiedene Projekte gehen. Also in den Universitäten muss man aktiv werden, das Öffentlich-Rechtliche muss angegriffen werden, in den sozialen Medien, über Influencer muss man im Grunde genommen diese Ideen setzen. Und der Herr Hartwig, der sich eben als rechter Hand von Herrn Weidel vorgestellt hat und auch für den Bundesvorstand sprach, stellte dann ein Projekt ausgerechnet vom Sohn des Möhring vor, dieses rechtsextremen Aktivisten, der eben diese Influencer fördern wollte. Und damit war sozusagen wie ein Brennglas auf einmal konzentriert deren Idee. Wir hatten Ideologen, wir hatten Finanziers und wir hatten Vollstrecker. Und eine Verbindung zu einer Partei, nicht irgendwie so Höcke, ach der ist so ein rechter Spinner aus Thünen, der weiß ja, was der sagt, aber die anderen, die sind ja sozusagen zentral, sondern die haben damit nichts zu tun, mit diesen extremen Ideen, sondern da ist einer, der direkt zu Weidel eintrat, der sich darauf sozusagen verständigt hat. Und ich glaube, diese Nähe auch, ich meine, und dann kam dann der Möhring gleich mit der Idee, ja, dann machen wir eine Expertenkommission, die eben diese Remigration nach ethischen, rechtlichen und logistischen Gesichtspunkten zu bestimmen hat. Ja, also diese Kälte und diese Unabdingbarkeit war dann, glaube ich, auch das, was dann als die Recherche der Öffentlichkeit kam, auf einmal so eine Brau. Weil das Spannende ist, diese Sätze und Versatzstücke stehen schon überall. Der K, der Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl, hat das in seinem Buch geschrieben, Politik von rechts, ein Manifest.
Da denkt er darüber nach, was mit 25 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund geschehen sollt. Und sagt ja, in den nächsten zehn Jahren werden wir die Gesetze nicht wegbekommen. Aber er denkt darüber nach. Und dann sagt er, was wir schaffen, hat nur hämopathische Wirkung. Also er benutzt das Wort einer unwirksamen Medizin. Er sieht die 25 Millionen als Krankheitssymbole. Und in diesem selben Buch sagt er, wir wollen uns nach Russland orientieren, aus der Westbildung lösen, weil die Konsequenz ist, dann gelten nicht mehr die universellen Menschenrechte. Das bringt es ja zusammen. Wenn die universellen Menschenrechte nicht mehr gelten, kann ich ja über Vortreibung nachdenken. Oder eine Höcke, der jetzt auf YouTube gesagt hat, Deutschland könnte mit 20 Prozent weniger Bevölkerung gut auskommen. Also diese Idee ist da und hat sich dort konzentriert. Und was eben Selna gesagt hat, diese Recherche hat eben das Wort Migration in Selna populär gemacht. Ich kann nur sagen, Gott sei Dank, jetzt wissen wir, was sie wollen. Denn sie haben versucht. Denn sie haben einen Tritt versucht. Wir haben ja eine politische Debatte, wie man mit den Flüchtlingen, die gerade in den Balkan wurden, mittelmehr umgehen soll. Und wie man Menschen umgehen soll, die einen Asylstatus bekommen oder nicht. Oder wer bekommt den? Dafür gibt es einen Begriff, der also keinen Status hat. Wir sollen abgeschoben werden. Wie geht die Abschiebung? Das ist die Diskussion. Und von Selna sozusagen initiiert, das ist ja sozusagen eine Ideologie-Hochburg von diesem Herrn Kubitschek, dem Herrn Selna, der die Kontakte zu den AfD-Politikern und Politikerinnen dort gemacht hat, wurde dann versucht, diesen Begriff der Abschiebung durch die Remigration zu ersetzen. Und die Remigration ist nicht mehr die Frage, hat einer einen Aufenthaltsstatus oder nicht. Sondern da ist die Idee, wir wollen im Grunde genommen weg von einer Staatsbürgeridee, der Staatsbürger muss an den Ethnos gebunden werden. Nur sozusagen, ich mag dieses Wort reinrassig gar nicht benutzen, weil rein hat sowas Positives. Aber das ist so eine grundrassistische Idee. Die wollen letztendlich zurück, ja, das zurückdrehen, was seit den 60er Jahren in dieser Republik passiert ist. Die setzen sozusagen die Existenz der Menschen in Frage, die seit Generationen hier leben. Und damit bedrohen sie natürlich alle.
Man darüber überlegt, was machen wir mit 25 Millionen, wer 25 Millionen zur Disposition stellt, stellt alle zur Disposition, die nicht deren Ideologie teilen. Und ich glaube, das ist der Punkt, der klar wurde. Hier geht es nicht darum, wie wir mit, ob Herr Söder oder Herr Maaß, wie gehen wir jetzt hier mit den Flüchtlingen um, mehr oder weniger, sondern es geht um etwas ganz anderes. Und diese Trennung müssen wir im Grunde genommen auch begreifen. Es bringt, glaube ich, gar nichts, jetzt alle in den Topf zu werfen, ja, wieso, der Scholz hat doch auch von Abschiebung geredet. Das ist ein Unterschied. Und sie nutzen im Grunde genommen diese Empörung, um diese ganz alten rassistischen Ideen eines rechtsextremen Netzwerks, das in der Bundesrepublik auch nach dem Krieg nie aufgehört hat und immer im Verborgenen gearbeitet hat und jetzt mit dem Wahlerfolg der AfD auf einmal nach Erfüllung und Wahrnehmbarkeit hofft.
Um diese Ideen geht es und die liegen jetzt, Gott sei Dank, seit dieser Recherche auf dem Tisch. Und jetzt sind die Masken gefallen und jetzt muss unsere Gesellschaft zeigen, ob sie stark genug ist, damit zu diskutieren.
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