Städte für einheimische Menschen – lasst sie uns zurückerobern!

Dass sich nicht alle Menschen, die in einer Stadt leben, sich diese Stadt noch leisten können, ist das zentrale Problem. Was heute noch als Erfolg gilt, nämlich dass das Zentrum den lukrativen touristischen Belangen gehört, das kann morgen nicht mehr das Maß der Dinge sein. Beginnend beim Raum, der nicht erst durch Corona als zu eng empfunden wird, ist das städtische Leben entmenschlicht. Es gibt keine Lässigkeit mehr, sondern es wird anstrengend. Mietwohnungen sind kaum noch bezahlbar, die Menschen, die in ihr wohnen, werden immer mehr in die Außenbezirke gedrängt. Das, was Wien mit den coolen Straßen versucht, ist ein Problem, das immer mehr Städte einholen wird. Denn: Die Städte sind zu sehr bebaut, kühlen nicht mehr angemessen ab und leiden unter schlechter Luft durch den überwiegenden Verbrennerverkehr.

Kieze werden aufgelöst, kleine Läden sind verschwunden, Handwerker:innen und andere sind nicht mehr in Greifweite, weil die steigenden Mieten diese verdrängen – zu Gunsten von touristisch interessanten Zielen.

Anne Hidalgo hat gerade die Wahlen von Paris gewonnen – mit einer klaren Agenda zur Verkehrswende in Paris. Ist ihr Wahlprogramm mutig, oder alternativlos? Straßen für Autos zu sperren, das ist aus deutscher Sicht undenkbar. Aber: Wiederholen sich hier nicht einfach die Diskussionen, die wir in den sechziger Jahren im Hinblick auf Fußgänger:innenzonen geführt haben? Und die wir heute nicht mehr missen möchten? Sicher: Hidalgo greift in die belebtesten Autostraßen ein. Schon vor Corona hat sie es „gewagt“, riesige mehrspurige Autoboulevards und Straßen an der Seine an Menschen zurückzugeben. Radverkehr folgt diesem Angebot und steigt enorm an. Im Winter gab es als ersten Push den Streik im ÖPNV. Jetzt, in Zeiten von Corona, kommen noch mehr Radfahrende hinzu – gerade auch, um Stoßzeiten im Nahverkehr zu vermeiden.

Hidalgo wurde dabei nicht gefeiert, sondern musste viel Gegenwind durchstehen. Bis heute herrscht von manchen Gruppen, die etwas von ihren Privilegien abgeben mussten, große Gegenwehr. Aber: Es gibt keine Alternative. Ich sage es auch gern immer wieder: Wir müssen DEUTLICH weniger Autos auf unseren Straßen haben. Gerade in den Städten. Die Temperatur in den Städten ist ein großes Problem. Mangelnde Begrünung und hohe Bebauung lassen die Stadt sich sehr aufheizen. Das kann nicht Status Quo bleiben. Wir müssen umdenken.

Eine Theorie, die immer wieder anklingt, ist die Stadt der kurzen Wege. Diese Stadt trennt Viertel nicht mehr nach Nutzen, sondern weist in jedem Viertel die notwendige Versorgung auf. Was auch heißt: Lange Pendler:innenwege sollten der Vergangenheit angehören. Ziel ist auch hier die Rückkehr zu einem Zustand, der schon einmal existierte, bevor das Auto alles auseinanderzog: Schule der Kinder, Arbeitsplatz, Einkaufen und Hobbys. Auch ich habe schon provokant gefragt: Was ist mit den Bürotürmen in Frankfurt? Brauchen wir diese noch in dem Ausmaß – oder können hier auch Wohnungen entstehen, weil die dort Arbeitenden diesen Büroplatz nicht mehr benötigen? Sollten Räume, die einer sehr engen Nutzung unterliegen und dann für die Öffentlichkeit verschlossen sind, anders gedacht werden? Sollte auch hier das Konzept von Sharing greifen? Sollten Arbeitgeber:innen Coworking-Spaces etablieren, die Pendler:innenwege deutlich minimieren? Sollten Chef:innen dazu angehalten werden, ihre Kontrollwut zu überwinden? Corona hat gezeigt und bewiesen: Auch außerhalb der Arbeit vom Büroarbeitsplatz aus ist effizient. Vielleicht sogar effizienter. Was nicht bedeutet, dass man gar nicht mehr in das Büro fährt. Aber eben nicht jeden Tag.

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