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Serie der Accelerate Academy: Aus der Krise lernen

1. Wie hat sich Deine Arbeit durch die Krise verändert?
Meine Arbeit hat sich nicht wirklich „methodisch“ verändert, weil ich schon vor der Corona-Krise viel mobil gearbeitet habe. Aber in meiner Freiberuflichkeit als Sprecherin, Moderatorin und Coach sind mir bis Juni alle Aufträge weggebrochen. Ich habe das zuerst schockiert zur Kenntnis genommen, aber mich dann entschieden, neue Formate zu entwickeln. Mittlerweile habe ich mehr als 40 Livecasts bei Twitter produziert mit Menschen, die in jeweils 45 Minuten auf mein „Veränderungsdreieck“ eingehen: Mobilität, Diversität und neue Arbeitsformen. Diese Gespräche haben mir aus so manchem Loch der gefühlten Wirkungslosigkeit geholfen.

2. Wie bist Du mit diesen Veränderungen umgegangen?
Es fühlte sich zunächst wie ein Zusammenbruch an. Nicht mehr vor Menschen zu sprechen, etwas zu bewirken, Workshops zu leiten und zu konzipieren, die Veränderung herbeiführen – das fehlt mir bis heute. Und ja – ich musste über meinen Schatten springen: Ich habe eine Seite auf einer Unterstützer*innen-Plattform etabliert, wo Menschen ab fünf Euro Abos bei mir abschließen können und ich habe jetzt auch einen PayPal-Me-Account, wo einzelne Beiträge geleistet werden können. Meine Arbeit ist etwas wert, ich habe allein im April etwa 60 Stunden für mein neues Format recherchiert und vorbereitet – das auch als unterstützenswert „anzupreisen“, war wirklich ein Schritt für mich aus der Komfortzone.

3. Wie ist man in Deinem Umfeld damit umgegangen?
Ich bin bei door2door angestellt, einem Ridepooling-Start-up, und habe mit denen einen echten „New Work“-Arbeitgeber erwischt – hier gibt es nichts zu verbessern. Es war eines der ersten Unternehmen, das nach Hause schickte, schon an dem Donnerstag, als die Nachricht herumging, dass das notwendig werden könnte. Es wurde eine Person in der Personalabteilung benannt, die sich als Ansprechpartnerin nur diesem Thema widmen sollte – denn wir haben 35 Nationen in unserem Team. Das heißt natürlich auch viel Unsicherheit am Anfang, besonders mit Blick auf die jeweiligen Länder. In meinem eigenen Business musste ich eher auf mich aufpassen, nicht zu „überperformen“ und so habe ich nach einem Monat Livecast von Montag bis Freitag bei gleichzeitig ausbleibender Zahlungen aus meiner Freiberuflichkeit die Reißleine ziehen müssen. Es war zu anstrengend für den Effekt, den das für mich hatte.

4. Und die Unternehmen, mit denen Du arbeitest, wie war Dein Eindruck – waren sie gut aufgestellt?
Völlig unterschiedlich. Das ist der Vorteil einer heterogen ausgeprägten Bubble. In meiner Branche gibt es viele Dinge rückwärts wie auch die Idee einer „Abwrackprämie“ – die für mich das Symbol dafür ist, wie wenig resilient und innovativ diese Branche ist. Eine Idee hervorzukramen, die nachweislich schon vor zehn Jahren nicht wirkte – und die damals schon denselben Namen trug: Meine Güte! Aber ich merke auch positive Details. So haben sich Menschen zusammengeschlossen, die sonst eher in unterschiedlichen Sphären für den Mobilitätswandel tätig waren. Wir haben verstanden, dass gemeinsam stark und allein schwach macht.

Ansonsten bewege ich mich in einem Umfeld, in der viele von zuhause arbeiten und in ihren Wohnräumen gerade viele Funktionen abdecken müssen: Kindergarten, Familie, Job, Pflege, Rückzug. Ich hoffe, dass sie alle das gut überstehen – und dass es vor allem die Frauen gut überstehen, von denen nicht wenige gerade vieles schultern. Nicht in meinem unmittelbaren Umfeld, aber für mich sichtbar findet hier gerade eine Rolle rückwärts statt.

5. Welche Reaktion ist Dir besonders positiv im Gedächtnis geblieben?
SAP finde ich spannend zu beobachten. Manche Dinge, wie Promis zu Telkos einzuladen, sind für mich persönlich etwas „drüber“, aber an der Reaktion der Mitarbeitenden wird deutlich: Für sie ist das echte Motivation. Ebenfalls toll zu beobachten fand ich das DigiLab von Volkswagen, das – entgegen meiner Vermutung – sehr viel auf persönliche Co-Creation bzw. Co-Programming setzt. Also ein Format, das auf das Nebeneinander am Monitor setzt. Die haben das toll und transparent gelöst – nicht ohne Schwierigkeiten zu vermeiden. Richtig gut auch das Verhalten der Deutschen Bahn gegenüber Mitarbeitenden und Fahrgästen. Wertschätzend, schützend und kulant.

6. Was sollten wir aus der Krise lernen und in die Nach-Corona-Zeit mitnehmen?
Macht weniger Wege! Das schont das Klima und die Nerven. Fliegt nicht innerdeutsch. Nutzt die Arbeitsmittel, die ihr gerade kennengelernt habt, auch weiterhin. Schafft Coworking auf dem Land, damit Pendeln nur noch ein-, zweimal die Woche stattfindet. Ich bin für die Quote und für das bedingungslose Grundeinkommen, denn es macht alle frei, wenn alle frei(er) sein können.

7. Was wirst Du persönlich mitnehmen in die Nach-Corona-Zeit?
Nach jedem verdammten Tal geht es wieder bergauf! Ich bin kreativ in Krisensituation, kann mich umorientieren und Pläne über Bord werfen. Dennoch hatte ich mich darauf gefreut, endlich „mal einfach zu arbeiten“ und nicht wieder von vorn anfangen und entwerfen zu müssen. Doch ich bin stolz auf mich, wie ich das gemeistert habe. Ich hoffe aber auch, dass 2021 einfach mal so durchläuft wie geplant…

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