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Gedanken zur #Autokorrektur – Nr. 6

Natürlich beschäftigt vor allem das 9-Euro-Ticket grad die Gemüter. Während die Bussigesellschaft oder vielleicht auch einfach nur die Springerpresse die Invasion des Pöbels befürchtet, befürchten Verkehrsunternehmen, auf den Kosten dieses dreimonatige Experimentes sitzenzubleiben und auf einigen Relationen massive Kapazitätsprobleme ohne staatliche Unterstützung lösen zu müssen. Aber vielleicht kommt es dazu auch nicht, da Autofahrer:innen eben nicht mit dem Zug in den Urlaub fahren, weil der Sprit drei Monate billig sein wird.

Ironie beiseite.

Als eine Person, die lange in Verkehrsunternehmen gearbeitet hat, ist es mir völlig unverständlich, wie so ein Angebot völlig ohne die von diesem betroffenen Expert:innen in den Raum geworfen werden konnte. Ich verstehe sehr wohl, dass es Teil einer Ampelkoalition und vor allem Teil der Zusammenarbeit mit einer enorm stark verhandelnden Kleinpartei in gelb ist, allen Seiten gerecht werden zu müssen. Das Ticket sollte sicher verdeutlichen: Die Zeiten, wo wir nur etwas für die Autofahrer:innen machen, sind vorbei. Dennoch ist aus meiner Sicht vieles schiefgelaufen. Nicht nur, dass die Verkehrsunternehmen von diesem Ticket aus der Presse erfuhren und Volker Wissing deutlich von sich wies, verantwortlich für die Planungen der Kapazitäten zu sein, die sich durch dieses Angebot verändern werden. Das sei weiterhin Sache der Länder. Sondern auch, weil das Maßnahmenpaket Pendler:innen entlasten soll. Statt das Angebot planvoll in die kälteren Monate zu setzen, wo steigende Energiepreise drohen, statt es einkommensbezogen in Sachen Sprit aufzustellen, setzt Politik hier völlig kopflos etwas um, das Ferienautoverkehr fördern und Umstieg in die Bahn nicht dauerhaft fördern wird. Nichts, was nur drei Monate angeboten wird, hat je Verhalten dauerhaft verändert. Und – funfact – Verkehrsunternehmen erhalten keine Spritrabatte.

Wie sehen Sie das?

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Wer am 16. Mai in Berlin weilt, kommt bitte ab spätestens elf Uhr zum Bundestag. Tino Pfaff und ich werden unsere Petition vorstellen und zuvor auch eine Demo zum Thema fossilfreie Mobilität organisieren. Unser Wunsch ist es, dass an dem Tag möglichst alle, die sich ehrenamtlich oder auch im Job mit der Mobilitätswende beschäftigen, als breites Bündnis sichtbar werden. Ich bin ehrlich gesagt jetzt schon nervös. 🙂

https://katja-diehl.de/its-getting-serious-termin-fuer-die-anhoerung-unserer-petition-im-bundestag-am-16-mai/

Mein Buch Autokorrektur, wie es in den Wolken schwebt.
Programm des Kitagipfels.

Was mich enorm freut, ist grad die Breite der Interessierten an meiner . Ich werde auf dem Kitagipfel einen Workshop zur kindgerechten Mobilität abhalten. Ich habe vor über 100 Volkswagen-Manager:innen über meine Hinweise sprechen dürfen, wie Autoindustrie Teil der Lösung werden könnte. Natürlich waren wir hier uns Details nicht einig, aber ich weiß es zu schätzen, dass wir miteinander sprechen. Einige Teil der so genannten „Linken“ sind da leider weitaus weniger offen für Dialog, Austausch und Diskurs. Was mich tatsächlich täglich betrübt, weil wir gemeinsam sehr viel stärker für unsere Ziele einstehen könnten. So wirken wir immer wie ein zerfaserter Haufen, der sich lieber selbst beschädigt durch umfassende Diskussion von Kleinigkeit, während das Gegenüber mittlerweile „Autoindustrie“ genannt wird und nicht mehr Marken gegeneinander positioniert. Die Autoindustrie hat begriffen, dass es sie stärkt, als großes Ganzes aufzutreten. Ich hoffe, das schaffen wir auch noch.

Kritikpunkte von mir an VW waren u. a. die gebrochenen Versprechen, die Greenpeace hier aufgelistet hat. Die Verantwortung an zwei Prozent CO2-Ausstoß weltweit. Und immer noch Teil eines Branchenverbandes zu sein, der Zweifel an den eigenen Produkten immer und immer wieder erzeugt, obwohl der einzige Weg, der unabhängig von fossilen Brennstoffen macht, der vollelektrische Antrieb ist. Er kann mit regenerativen Energien betankt, Batterien in Kreislaufwirtschaft gedacht werden.

Zitat: "Die Überlegungen, die Förderung für Plug-In Hybride auslaufen zu lassen, gefährden den Hochlauf der Elektromobilität.

Sie kennen mich: Wenn mir Aussagen begegnen, die mir nicht nachvollziehbar erscheinen, dann frage ich gerne nach.

Ich habe bei twitter nach der Qualität von Ladeinfrastruktur in Deutschland gefragt. Über 80 Prozent sind der Meinung, dass es sehr gut oder aber mit etwas Planung geht.

Bei einer Ausgangslage, dass erst ein Prozent der 49 Millionen Pkw vollelektrisch fährt, sollten wir hier endlich klare Orientierung und Zuversicht für Kund:innen schaffen. Hier Zweifel zu säen ist in Zeiten den drohenden Klimakatastrophe und des seit den neunzigern Jahren nicht gesenkten Emissionsausstoßes des Verkehrssektors katastrophales Signal. Zudem werden wir den Autobestand radikal abbauen, dafür braucht es nicht eine Infrastruktur für die heutige Flotte, sondern für deutlich weniger Pkw.

Selfie einer Gruppe von Menschen in einem Restaurant.

Die Masken fielen nur fürs Foto und Christoph Podewils und ich üben das mit den Selfies nochmal 🙂

Auf Einladung von Eckart von Hirschhausen und seiner Stiftung waren die Bundestagsabgeordneten eingeladen worden, die sich mit dem Schwerpunkt Gesundheit befassen. Leider folgten nur die SPD und die Grünen dieser Einladung. Dennoch war der Abend gelungen – für Expert:innen und Gäst:innen gleichermaßen. Auch ich durfte viel lernen, da jede:r Expert:in in ihrem Gebiet einen „Elevator-Pitch“ hielt, wie sich dieses auf Klima und Gesundheit auswirkt. Dr. Kira Vinke machte als Leiterin des Zentrums für Klima und Außenpolitik der DGAP deutlich, wie groß das Leid im Globalen Süden bereits ist. Sie kam gerade zurück aus Delhi, also mitten aus der aktuell tödlichen Hitzewelle dort. Niklas Oppenrieder, Global Director Strategy & Development der Physicians Association for Nutrition e.V. beschrieb die großartigen Möglichkeiten der pflanzenbasierten Ernährung zur Vermeidung Hunderttausender vorzeitiger Todesfälle im Jahr UND der Abmilderung der Klimakatastrophe und nahm mir vor allem eine Last von den Schultern: Wer sich pflanzlich ernährt, macht in Sachen Lebensmittel so viel richtig, dass auch mal eine Avocado gegessen und eine Biobanane in Plastik gekauft werden darf. Christoph Podewils, Director of Communications, Autor “Deutschland Unter Strom”, Global Solutions Initiative, sprach über so spannende Hinweise wie die Verwendung von Spritzputz, der Räume dämmen und somit den Energiebedarf im Gebäudesegment massiv senken kann.

Mein Pitch zur Mobilität bezog sich vor allem auf die kindliche Entwicklung und Gesundheit. Nur 46 Prozent aller Kinder sind täglich draußen, ihre Erlebnisräume von Erwachsenen bestimmt. Sie lernen fast nur noch second hand, anstatt – so wie ich es noch kenne – mit Freund:innen loszustürmen und die Welt selbst entdecken zu können. Warum? Genau. Wegen der gefährlichen Autos.

Screenshot des Artikels im österreichischen Kurier.

Sehr gefreut habe ich mich diese Woche, als Leonore Gewessler, österreichische Klimaschutzministerin mit den Worten „Teamwork wirkt!“ diesen Kommentar aus dem eher als konservativ eingeordneten österreichischen Kurier schickte. Bezugnehmend auf ihre Novelle der Straßenverkehrsordnung ehrt mich das!

Ein Sharepic, wo ich auf dem Fahrrad sitzend durch eine Straße fahre.

Etwas mehr Raum als drei Minuten hat mir der WDR eingeräumt, was mich sehr gefreut hat!

„Können steigende Benzinpreise eine Verkehrswende einleiten? Katja Diehl bezweifelt das. Für die Mobilitätsexpertin braucht es ein grundlegend neues Konzept, bei dem Mobilität nicht mehr vom Auto, sondern von den Menschen und deren Bedürfnissen her definiert wird.

Nach Ansicht von Katja Diehl diktiert in den Städten wie auf dem Land nach wie vor primär das Auto das mobile Geschehen. Jede andere Form der Fortbewegung – etwa zu Fuß oder mit dem Fahrrad – hat sich unterzuordnen.

Dabei haben knapp 13 Millionen Menschen in Deutschland keinen Führerschein, nicht eingerechnet die 14 Millionen Kinder und Jugendlichen, die noch kein Auto fahren dürfen. Auch Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen oder diejenigen, die sich Autofahren schlicht nicht leisten können, haben Nachteile durch diese Fixierung auf die Auto-Mobilität.

Dahinter verbirgt sich ein überaltertes, aber immer noch wirksames patriarchales System, kritisiert die Hamburger Mobilitätsexpertin. Eine Wende in der Verkehrspolitik greift für sie viel zu kurz, wenn es dabei nur um Antriebsalternativen geht.

Die größere Herausforderung, meint Katja Diehl, ist es, die Mobilität von den Schwächsten der Gesellschaft her zu betrachten, damit Teilhabe für alle möglich wird. Das bedeutet: Wege vermeiden, Wege verkürzen, den Bewegungsradius wieder auf ein menschliches Maß der Fußläufigkeit bringen. Dann muss man Autos nicht mehr verbieten. Sie werden weithin überflüssig.“

Die Autolobby ist sehr start, Ein Auto zu haben, wird mit Freiheit verbunden. Zitatkachel.

Und ich durfte an einem sehr schönen und auch ausführlichen Artikel in der TAZ mitwirken. „Mit drei Kindern und ohne PKW ist unsere Autorin in den Wald gezogen. Geht das – ein Leben auf dem Land ohne Auto?“

Wir wollten weg von den 20 Minuten Adrenalin, zweimal täglich, wenn wir auf dem Fahrrad zur Kita fuhren, auf Straßen ohne Radweg. Autofahrer gegen Radfahrer, Radfahrer gegen Fußgänger, Busfahrer gegen alle. Wir wollten weg von der Kreuzung, an der unsere frühere Nachbarin auf ihrem Fahrrad von einem rechts abbiegenden Lkw überrollt wurde und starb. Weg, endlich raus.

Auf dem Land geht es aber eben nicht ohne Auto! Wenn auf deutschen Podien zwischen Husum und Rosenheim über die Verkehrswende diskutiert wird, wenn darüber gestritten wird, was zu tun wäre, um die Klimakatastrophe zu stoppen und wegzukommen von Putins Öl, dann fällt irgendwann fast immer dieser Satz. Auf dem Land geht das nicht.

Der Satz funktioniert quasi als Universalargument gegen Veränderung. Und es stimmt ja, wenn man auf die Zahlen schaut: Von den ländlichen Haushalten, in denen mehr als ein Mensch lebt, haben nur 3 Prozent gar kein Auto. Mehr als die Hälfte besitzen zwei oder mehr. 44 Kilometer ist jede Person hier am Tag durchschnittlich unterwegs, davon mindestens 35 am Steuer oder auf dem Beifahrersitz. Und eine überwältigende Mehrheit dieser Menschen ist mit der Automobilität zufrieden. Kein Veränderungsbedarf also.

Aber genau diese Leute, Leute genau wie wir, zerstören diesen Planeten.

Große Leseempfehlung!

Ein mit fünf Menschen besetzter Pkw und der Spruch: So viele müssen ins Auto, wenn sie so klimafreundlcihen fahren wollen wie mit der Bahn.

Schockierende Zahl der Agora-Verkehrswende zum Schluss: In deutschen Pendler:innen-Pkw sitzen nur noch 1,075 Personen.

Und damit entlasse ich sie dennoch mit sonnigen Grüßen aus Köln in dieses Wochenende. Morgen spreche ich auf der Verkehrswende-Demo in Düsseldorf. Vielleicht sehen wir uns da?

Herzlicher Gruß

Katja Diehl

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