Bei meinen Eltern im Garten zu sitzen ist nicht mehr so entspannt, wie es mal war, weil im „verstädterten ländlichen Raum“ neuerdings die Hecken grauen Sichtschutzwänden weichen, was meinen Ausblick dem eines Gefängnisinnenhofes nahebringt.
So kann ich Ihnen auch nicht „optisch“ wiedergeben, was da in Nachbars Garten geschah, aber „lautmalerisch“. Sonntagnachmittag, schönes Wetter, die Eltern im Garten, die Kinder im Haus. Vater versucht mit freundlichen und dann immer deutlicheren Worten, die beiden unter Zehnjährigen rauszulocken.
Das Wortgefecht wird von einem der Kinder beendet mit:
„Aber im Garten ist es so öde!“
„Stimmt“, denke ich. Die von Erwachsenen angelegten Gärten sind toll zum Anschauen, aber ganz bestimmt nicht zum darin Toben oder gar Dinge entdecken. Haben Sie schonmal darüber nachgedacht, wie exklusiv und öde die für Erwachsene gestaltete Welt für Ihre Kinder oder Enkelkinder ist?
Aus meinem aktuellen Buch:
Kinder müssen sich unserer erwachsenen Welt stets anpassen, nur in für sie geschaffenen Räumen entspricht diese z. B. ihren Reich- und Greifweiten. Damit ist unsere Welt für Kinder voller Barrieren, die sie daran hindern, selbst auf Entdeckungsreise zu gehen. Zum Teil ist unsere Welt sogar so feindlich für sie gestaltet, dass nur in Begleitung von Erwachsenen durch sie gegangen werden kann.
Ich interviewte hier Anika Imke Meenken vom VCD Bundesverband:
»Nur neun Prozent der Familien haben kein Auto, 48 Prozent haben sogar zwei oder mehr. Autofreie Familien sind also die absolute Minderheit, und auch deshalb legen Kinder bis zu zehn Jahren über die Hälfte ihrer Wege auf dem Rücksitz eines Autos zurück. Kinder, die nie gelernt haben, sich sicher auf dem Rad fortzubewegen, können keine sicheren Radfahrenden werden. Durch den hohen Autobesitz sind Eltern sowohl Verursachende als auch Leidtragende des Systems. Diesen Kreislauf durchbrechen wir nur, indem wir eine kindgerechte Infrastruktur schaffen, mit dichten, sicheren und komfortablen Fuß- und Radwegenetzen.«
Eine autogerechte Stadt kann nicht kindgerecht sein, denn die kindliche Mobilität ist unkalkulierbar. Wer schon einmal ein breit grinsendes Kind auf einem Laufrad auf sich hat zukommen sehen, der weiß, das Beste ist es, einfach stehen zu bleiben und das Passieren abzuwarten. Denn entweder ist das Kind noch nicht sicher genug, da es noch übt und mit jedem Schulterblick zur Begleitperson die Richtung wechselt, oder aber es ist schon so geübt und wieselflink, dass die behäbigen Reaktionen eines Erwachsenen der Grund für eine Kollision sein können. Auch Andreas Røhl von den Gehl – Making Cities for People Architects hat dazu Erfahrungswerte: »Ich glaube, wir haben sehr gute Arbeit über Kinder in Städten geleistet, indem wir einfach eine GoPro-Kamera auf den Kopf eines Vierjährigen gesetzt und seinen Spaziergang durch die Stadt gefilmt haben. Man muss schon ein Herz aus Stein haben, um nicht zu sehen, dass es da etwas gibt, was wir anders machen sollten.«
Gute Idee oder?

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