Die erste Mammut-Interviewsession (vier am Tag :D) für
Mobilität für eine liebenswerte Welt – Wege aus der AUTOkratie.
liegt hinter mir und ich möchte die versierten und vor allem so unterschiedlichen Erkenntnisse, Blickrichtungen und Visionen teilen. Denn die größte Kraft der Transformation liegt in der menschlichen Begegnung, dem Zuhören und dem Aushalten von Unterschieden.
Bernd Kühn ist bei MOIA von Beginn an dabei. Zum einen, weil ihm der Fahrerjob Spaß macht, zum anderen, weil er dafür brennt, Menschen aus der Autoabhängigkeit zu führen, also aus dem Angewiesen sein auf ein eigenen Pkw. Ähnlich wie ich hatte auch er Erfahrungen mit Eltern im Alter, wo das echt problematisch werden kann. Von ihm habe ich einen schönen Begriff gelernt: Der gesicherte Mitfahrplatz. Also zum einen die Sicherheit, dass der „Platz“ auch kommt, was leider in der marodierten Bahn nicht immer der Fall ist, aber auch die gefühlte Sicherheit, die heute nur der eigene Wagen bietet. „Natürlich macht Autofahren abhängig! Mein eigener Raum, gefühlte Autonomie trotz Stau, zudem schützen viele der heutigen Vorschriften den Pkw.“ Das zu ändern ist für ihn, mittlerweile auch im Betriebsrat tätig, echter Ansporn. Durch ein super Produkt und eine immer kundenzentriertere Dienstleistung. „Die immer noch verbessert werden muss – na klar!“
Dr. Lorenz Wachinger mag den Diskurs, aber auch die Fokussierung. Für ihn als Juristen (der sich für das Jurastudium entschieden hatte, weil er Bahnchef werden wollte, jetzt aber auch irgendwie froh ist, dass das nicht geklappt hat) und erklärtem Bahnfan ist es manchmal schwer erträglich, was aus diesem Verkehrsträger, der im Nachbarland Schweiz so fantastisch gepflegt wurde, in Deutschland wurde. Gerade das macht ihn aber auch pragmatisch. „Anstatt das Ziel der Verdopplung der Fahrgastzahlen auf dem System von heute anzustreben, wäre es vielleicht sinnvoller, fünf Prozent weniger Leistung, aber dafür weit mehr Zuverlässigkeit anzubieten.“ Zudem ist er nachdenklich, wie wir Jene erreichen, zu deren Lebensrealität das Auto untrennbar gehört, denen die Transformation trotz der Gewinne, die nach ihr entstehen, Angst macht.
Verkehrsplaner Thomas Hug hatte ich schon für das Interview angefragt, bevor ihn superviele hier empfohlen haben. Kein Wunder! Wurde er doch sogar LinkedIn-Voice 2023! Er ist als Schweizer ein „Cleverle“ und „vermeidet“ Begriffe, die Türen zufallen lassen und mich mit Shitstorms umwogen. Gar keine schlechte Idee oder? Was mir gefiel: In Sachen Verkehrsversuche liegen wir Deutschen im Vergleich endlich mal vorn! (Aber wir nutzen es leider nicht :() Was mir nicht so gefiel: Trotz super Bahnsystem gibt auch auch bei den Nachbar:innen eine erstarkende Autolobby in der Politik, die einiges zurückdrehen möchte. Es scheint fast „Gesetz“, dass vor der Veränderung ein Rückschritt liegt?
Und schon ein erstes Take Away.
Die Lust (und Zeit) für Pilotprojekte schwindet. Diese bergen laut den Expert:innen, die ich bisher interviewte, hohes Frustpotential bei Nutzenden, weil nicht klar ist, ob ein Angebot alternativer Mobilität dauerhaft bleibt (was dann auch nicht zur gewünschten langfristigen Verhaltensänderung führt) und bei Anbieter:innen, weil die Versuche mit hohem administrativen Aufwand verbunden sind, den sie lieber in den Wandel an sich stecken würden.
Ich schließe mich diesem Frust an.
Zum einen, weil so viele Angebote bereits getestet und für gut befunden wurden, zum anderen aber auch, weil es endlich Verlässlichkeit in der Transformation braucht.
Björn-M. Hiss ist Geschäftsführer der CAPITERRA Development und damit Teil einer der größten Immobiliengruppen in Deutschland. Das Ziel von Björns Projekten? Autofreie und mobile Quartiere. Derzeit verantworte Björn mit seinem Team unter anderem in „meiner Region Hannover, Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung„, für die ich als Beraterin und Botschafterin des Verkehrsentwicklungsplans (VEP 2035+) bin, allein drei Projekte. Das „Humboldt-Quartier“ in Weetzen, die „Neue Mitte Wunstorf“ und die „Schlossgärten Lauenau“, die es zukünftigen Bewohner:innen leicht machen werden, auf das eigene Auto zu verzichten.
Lebensqualität ab Einzug garantiert!
Kurz unterbrochen wurden meine Interviews zum Buch von Luisa Neubauer, die mit mir für ihren Podcast 1,5 Grad bei Spotify produziert von Studio Bummens über den Status Quo der Mobilitätswende in Deutschland und das Deutschlandticket sprach. Seien Sie gespannt 🙂
Zakia Soomauroo ist Doktorandin beim Reiner Lemoine Institut gGmbH. Sie hat sich unter anderem mit Inselstaaten und deren Bedürfnissen zu elektromobiler Transformation beschäftigt, aber auch ganz „hands on“ bei sich vor der Berliner Haustür. Ihr Fazit: Es ist erstaunlich, wie aggressiv heutige Autofahrer:innen auf den notwendigen Wandel reagieren. Selbst in der Stadt. Schon einzelne Umwidmungen von Autoabstellflächen führen zu massiven und völlig absurden Protesten.
Dr. Mary Dellenbaugh-Losse bietet „Forschung und Beratung, um Städte gerechter und zugänglicher zu machen“. Hier gibt es oft eine gewisse Gegenwehr, die ich aus Reaktionen zu meinem ersten Buch kenne. Vor allem Männer fühlten sich angegriffen, u. a. durch die Herleitung der „männlichen Stadt“. Diese wird Männern oft erst in dem Moment bewusst, wenn er sein Kind durch die Stadt schiebt.
Es gibt unfassbar viele Barrieren!
Mary hat sich, um diese Gegenwehr zu umschiffen, daher angewöhnt, vom Ziel aus zu kommunizieren.
– Wollen Sie eine lebenswerte Stadt?
– Kurze Wege auch auf dem Land, die vor allem im Alter wichtig werden?
– Sich sicher fühlen auf allen Wegen?
Dreimal Nicken? Dann los!
Denn die Zustimmung zum Ziel bedeutet Bereitschaft zum Wandel.
Danke für Eure Zeit!
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