Was eint Menschen, die etwas bewegen?

Was unterscheidet dein zweites Buch vom ersten? Lohnt sich das überhaupt?

Diese Frage wird mir oft gestellt (die zweite schwingt dabei irgendwie sachte immer mit), daher möchte ich diese gern aufgreifen und beantworten. Ich werde ein wenig Rückblick halten, was ich selbst von der Recherche zum ersten Buch lernen durfte, und halte einen Ausblick auf das, was möglich wäre, wenn wir das mit der sozial- und klimagerechten Mobilitätswende ernstnehmen. Vielleicht haben Sie Lust, mir wiederum Ihre Zeit zu schenken und meinen Gedanken und Anregungen zu folgen. Das würde mich total freuen!

An die 90 Menschen habe ich für mein erstes Buch interviewt, nicht alle wollten, dass sie ins Buch kommen, da sie sehr spezielle Lebensumstände haben, die den Rückschluss auf ihre Person zulassen. Schon dass war für mich ein erster belastender Moment:

Da gibt es beruflich erfolgreiche Menschen, die nur Auto fahren (gegen ihren eigenen Willen), damit andere Menschen sie als erfolgreich „lesen“. Unter ihnen ein Herr im Schwarzwald, der mehrere Filialen betreibt, der mir sagte: „Wenn ich mit meinem Ebike käme, was ich privat nutze, wäre ich hier schräg angesehen und meine Leistung bezweifelt.“ Eine junge Bürgermeisterin in einem Ort mit mehreren Tausend Einwohner:innen wollte auf den Dienstwagen, der ihr zusteht, verzichten, hat diesen Entschluss aber nach einer Glosse über sie, die radfahrend zu Terminen kommt, sofort geändert.

Denn nein: Ich hasse Autos nicht. Ich bin sogar selbst mehrere Tage im Monat gezwungen, eines zu nutzen.

Ich möchte, dass Menschen wählen können, ob sie ein Auto fahren oder eine andere Mobilitätsform, die ähnlich komfortabel und verfügbar ist. Ich möchte, dass es keine Hierarchie auf der Straße mehr gibt, die die Stärksten bevorzugt, sondern eine, die die Schwächsten schützt. Und ich möchte den Fall ALLER Autoprivilegien – und das sind eine Menge, von rechtlichen Möglichkeiten, exklusiven Räumen bis hin zu staatlichem Geld.

Mein Mantra?

Jede:r sollte das Recht auf ein Leben ohne eigenes Auto haben.

Ja! Ich träume richtig, richtig groß, weil ich ja eh nur 80 Prozent bekomme 🙂

Denn: Freiheit bedeutet nicht, ein Auto fahren zu müssen, sondern die Wahl zu haben!

Die Illustrationen für mein erstes Buch kommen von Doris Reich aus Münster, sie ist auch hier bei LinkedIn zu finden.

Schwarz weiß gezeichnetes Bild einer Stadt voller Autos, Lärm und Abgasen.

Hand aufs Herz: Wir alle sind doch öfter unzufrieden mit der verkehrlichen Situation als dass wir wie ein warmes Messer durch die Butter unseres Mobilitätsalltags gleiten, oder? Die Illustration haben wir bewusst schwarz-weiß gestaltet, denn das, was wir nun zusätzlich durch den Druck der Klimakatastrophe verlassen müssen, ist nicht das Paradies, sondern ein sehr kaputter Status Quo, der zudem Menschen ausschließt. Die wiederum als Ausrede genommen werden, um eben nichts zu verändern. Sie kennen es: Der Krankenpfleger, die Alleinerziehende, der Mensch in Armut muss doch noch Auto fahren können!!! Aber wollen diese das auch? Haben Politiker:innen, die das immer und immer wieder statuieren, überhaupt je mit diesen Menschen gesprochen?

Oder spielen sie mit der Öffentlichkeit einfach nur das Bullshitbingo der Verkehrswende, um verharren zu können und auf diese eine Technologie zu warten, die seit 20 Jahren übermorgen beginnen soll?

Bullshitbingo der Verkehrswende.

Ich sprach mit all diesen Menschen gesprochen und habe „Erstaunliches“ erfahren. Indem ich eine Frage stellte:

Willst du oder musst du Auto fahren?

Und nach dieser Frage war manchmal richtig lange „Schweigen im Walde“, weil sich die meisten noch NIE diese Frage gestellt hatten. Sie sitzen routiniert in ihren Autos, im Stau von gestern oder auf der Suche nach einem Parkplatz und haben schlicht nicht die Zeit, zu reflektieren, ob sie das aus einem Mangel heraus machen oder aus dem freien Willen und einem Lustgefühl heraus. Bei den Menschen, die ich interviewte, waren 80 Prozent der Wege mit dem Auto ein MUSS und damit aus dem Frust- und nicht dem uns immer wieder vorgegaukelten Lustprinzip heraus.

Gründe, warum Menschen im Auto sitzen.

Interessanterweise habe ich es nach dem Druck des Buches so richtig verstanden, daher ist diese Auflistung auch Teil des neuen Buches. Menschen fahren Auto, weil

  • sie keine Alternativen haben, Bus- und Bahnsysteme abgebaut worden, sichere Radwege Mangelware sind und insbesondere der ländliche Raum seine Nahversorgung von Supermarkt bis Ärztin verloren hat
  • sie sich nicht sicher fühlen im öffentlichen Raum, zu dem natürlich auch Busse und Bahnen, Haltestellen und Bahnhöfe gehören. Der Hauptbahnhof in Hamburg hat keine konsumfreien sicheren Räume, die für alle zugänglich sind. Stattdessen läuft man dort jetzt zu viert Streife und bewirbt eine App, die helfen soll. Absurd!
  • Wer heute mit dem Rollstuhl spontan mit der Bahn Fernreisen machen möchte, weiß: Unmöglich. Es muss einen Tag vorher angerufen werden, Personal vorhanden und die Toilette an Bord funktionsfähig sein. Im zweiten Buche stelle ich Behinderte vor, die hier aktivistisch adressieren. Auch an das zwei Sinne Prinzip für Informationen.
  • Das 9-Euro-Ticket hat gezeigt, was der Preis ausmacht, um Menschen überhaupt mobil zu machen. In den drei Monaten der Gültigkeit saßen viele ältere und jüngere Menschen in den Bussen und Bahnen, die zuvor und danach von diesen ausgeschlossen waren. Aktuell fliegen Swifties (Fans von Taylos Swift) aus den USA nach Europa zu ihren Konzerten, weil die Tickets hier billiger sind und Fliegen nichts kostet. Das ist massiv was schief!
  • Fazit: Wer sich nicht sicher fühlt oder barrierefrei unterwegs sein möchte, sitzt im Auto, so er sich dieses leisten und es auch fahren kann. Denn 13 Millionen Menschen haben keinen Führerschein und 14,2 Millionen leben in Armut und können sich immer weniger überhaupt ein Auto leisten. Daher brauucht es überall dort, wo ein gewisser Siedlungsgrad vorliegt, Alternativen.

Mein Buch schaffte es auf Anhieb auf Platz 5 der Spiegel-Bestsellerliste, wurde mit dem Wirtschaftsbuchpreis von Handelsblatt und Frankfurter Buchmesse ausgezezichnet – und vielleicht bin ich auch die einzige Person, die vom Bundesverkehrsminister zwei Preise und Urkunden beim Deutschen Mobilitätspreis erhalten hat – als Persönlichkeit und vom Publikum. Denn nach der Verleihung an mich wurden die Bedingungen geändert, „Persönlichkeit“ gibt es nicht mehr und „Publikumspreis“ verleiht nicht mehr eine breite Öffentlichkeit, sondern nur die Menschen, die bei der Preisverleihung vor Ort sind 🙂

Hier habe ich ein kleines Video gestaltet.

Dann kam der Februar 2023 und der für mich hoffentlich auf lange Sicht härteste Monat in meiner Selbstständigkeit. Ein Auftritt bei Anne Will und ein Clickbait-Artikel zu einer Rede in Lübeck sorgten für tägliche Morddrohungen. Seither habe ich mir ein System aus Menschen aufgebaut, die mich schützen, meine Mails lesen, Bedrohungen dokumentieren und beweissichere Historien erstellen, bis hin zu meinem Anwalt. Mehrere Tausend Euro pro Monat kommen dafür zusammen. Aber ich habe mich entschieden, alles anzuzeigen und die roten Linien zu ziehen, die Justiz, Behörden und auch die Gesellschaft immer wieder übertreten lassen. Danke an alle, die mit Beiträgen ab sechs Euro meinen wöchentlichen Newsletter beziehen und mir dieses schützende Sonnensystem ermöglichen. Natürlich hätte ich das Geld gern für mich, aber an der Welt, in der das so sein wird, baue ich aktuell noch mit 🙂

Und – Haters gonna hate – in dieser Zeit entstand die Idee zum zweiten Buch!

NIE habe ich daran gedacht, aufzuhören, trotz der massiven Bedrohung. Und das musste ich auch erstmal verarbeiten, weil das heißt, dass ich aktuell keine Wahl habe. Das Thema der intersektionalen Mobilitätswende ist zu einer Mission geworden, ohne dass ich das angestrebt hätte. Ich bin ehrlich: Wäre da irgendwann dieser Moment gewesen, nach dem ich immer wieder gefragt werden, an dem ich entschieden habe, jetzt dieses Thema so massiv zu bearbeiten, ich hätte es vielleicht nicht gemacht. Denn der Preis, den ich für meine Arbeit zahle, ist täglich sehr hoch. Aber so ist es nun. Und obwohl ich 2023 persönlich ein sehr schweres Jahr hatte ist da nun dieses Buch!

105 Menschen haben sofort JA gesagt, als ich sie gefragt habe, ob sie mir helfen, den Stillstand zu hinterfragen und die Wege nach vorne nicht nur aufzeigen, sondern auch zu starten.

So beschreibt es mein Verlag:

Während die Mobilitätsexpertin und Bestseller-Autorin Katja Diehl in ihrem ersten Buch »Autokorrektur« Menschen mit ihren individuellen Bedürfnissen in Sachen Mobilität in den Fokus genommen hat, geht es ihr nun um die Hürden der Verkehrswende auf gesellschaftlicher und systemischer Ebene.

  • Warum geschieht nichts?
  • Warum verharren wir im Stillstand, obwohl das Wissen um eine zukunftsgerechte Mobilität uns allen zur Verfügung steht?
  • Welche Stellschrauben sind rostig – gesellschaftlich wie politisch?
  • Welche Rolle spielen Industrie und Medien?
  • Was hat die Wissenschaft zu sagen und welche rechtlichen Hindernisse gilt es zu überwinden?

Katja Diehl spricht mit zahlreichen Expert*innen, aber auch mit Gestalter*innen, die die Transformation bereits voranbringen. So zeigt sie, wie aus den Visionen von Mobilität eine liebenswerte Welt werden kann.

»Wir könnten es schöner haben – und gesünder. Wenn es um die Frage geht, welche Rolle die Mobilitätswende dabei spielt, hat Katja Diehl viele gute Antworten. Mit ihrem Expertinnenwissen zeigt sie immer wieder konkrete Ideen und Konzepte auf, die uns aus der Abhängigkeit vom Auto befreien und die Städte sowie den ländlichen Raum lebenswerter machen würden.«

Eckart von Hirschhausen

»Katja Diehl hat ein Talent dafür, Lust auf Veränderung auszulösen. Bei der Mobilitätswende geht es ihr stets um die Menschen – das macht ihre Arbeit so wertvoll.«

Claudia Kemfert

»Die Menschenliebe ist Katja Diehls Motor, um sich unermüdlich für eine zukunftsfähige Mobilität einzusetzen. Sie ist eine wichtige und inspirierende Stimme zugleich.«

Maren Urner

Hier gehts zur Leseprobe.

Und wenn ich nun gefragt werden, an wen sich mein 2. Buch richtet und was von meinem Buch erwartet werden kann, ist da zunächst der Stolz, diese 105 für mich wichtigen Menschen an einen Ort zusammengeführt zu haben. Eine Reaktion einer Person, die es vorab lesen konnte, fasst es ganz gut zusammen:

P.S. ich bin übrigens schwer beeindruckt auch von Deiner Fleißarbeit, die 100 Interviews einzuarbeiten und von der Art, wie Du das gemacht hast: durch die vielen O-Töne wird das alles sehr greifbar und real und wird aus einer einzelnen Expert:innenmeinung etwas spürbar Größeres und breiter Getragenes. Hatte ich so als Konzept auch noch nicht in den Fingern.

Genau das war mein Ziel! Letztlich imitiert die Vorgehensweise vom 2. Buch die des 1.: Ich befrage Expert:innen, bitte um ihre Einschätzungen. Im ersten Buch Jene, die vielleicht sogar Auto fahren, aber nicht aus freier Wahl, im 2. Buch hebe ich es von der persönlichen auf die fachliche Ebene und begebe mich auf Spurensuche in der Vergangenheit, der Gegenwart und komme dann auf all die Lösungen, die bereits vorliegen und ab morgen umgesetzt werden können.

Was eint Menschen, die etwas bewegen?

Was meine ich damit? Was zeichnet die Menschen aus, die die Zukunft besser für alle bauen?

  • Leadership ist ein sehr gestresstes Wort, bei dem auch ich in der Vergangenheit „Augenrollmomente“ nicht vermeiden konnte, vor allem dann nicht, wenn Leadership mit rigiden Führungsstilen verwechselt wurde. Leadership strahlt für mich eine Person aus, die in sich selbst eine sehr große Ruhe findet, wenn sie nach ihrem Antrieb ihres Handelns schaut. Den ebenfalls oft gestresst „Purpose“ gefunden hat, der für viel mehr Befriedigung im Tun sorgt, als es eine Organigrammplatzierung oder ein hohes Gehalt dauerhaft kann. Leadership übt für mich aus, wer Menschen nicht das Populäre tun, sondern das Notwendige populär machen lässt. Eine solche Person hat keine Probleme damit, dass Menschen in ihrem Team Dinge besser können als sie – eine solche Person gibt Halt auch in Krisensituationen, indem sie Orientierung vorlebt. Eine solche Person ist transparent in ihrem Tun, aber auch Willens, für das Richtige mal Gegenwind auszuhalten. Eine solche Person ist offen für Austausch und Kommunikation, für Abwägung und Situationsanalysen, aber eben auch ganz klar an bestimmten Punkten fähig zu Entscheidungen. Als Interviewpartner:innen fallen mir zu diesem Punkt aus meinem Buch Maria Vassilakou ehemalige Vizebürgermeisterin von Wien, Winfried Hermann, amtierender Ba-Wü Verkehrsminister und Thimo Weitemeier ein, der als Stadtbaurat witzigerweise bald von Nordhorn nach Osnabrück wechselt, wo ich auch lange gearbeitet habe.
  • Vision als Sehnsuchtsort. Hä? Werden jetzt vielleicht einige denken. Aber ich möchte nicht, dass alle mit Visionen zur Ärztin gehen, sondern dass sie mit diesen Unternehmen gründen, Politik gestalten. Denke ich an die aktuelle Verkehrspolitik in Deutschland, so sehe ich keine positiven Visionen einer zeitnahen Zukunft. Schaue ich jedoch nach den Veränderungen, die in Paris und anderen Städten gerade stattfinden, sehe ich dort inspirierendes Leadership – zumeist von Bürgermeister:innen, die mit dem Wahlversprechen gewählt wurden, die Stadt Jenen zurückzugeben, die vor Ort wohnen. Und nicht durch Jene bestimmen lassen, die schnell durchfahren oder unkompliziert ihr Auto abstellen wollen. Paris hat hier sehr viel mit Visualisierungen gearbeitet, die halfen, das großartige Ziel der neuen Stadt der Nähe zu einem Ort zu machen, an dem die Pariser:innen wohnen wollen. Mittlerweile fahren auch aus dem Speckgürtel Pendelnde mehr Rad als Auto! Umso großartiger, dass ich für mein Buch auch Carlos Moreno , den „Mastermind“ hinter dieser Transformation interviewen durfte.
  • Meilensteinplanung. Es ging ein Raunen durch die Republik, als bekannt wurde, dass das Verkehrsministerium an die FDP gehen wird. Ich zitiere hier einfach mal Seite 125 aus meinem Buch: Hervorheben möchte ich auch eine Analyse von Alexandra Föderl-Schmid, stellvertretende Chefredakteurin der Süddeutschen Zeitung, die es – wie viele andere auch – von Beginn an als Fehler ansah, das Verkehrsministerium der FDP zu überlassen und es nicht in ein größeres Ministerium zum Klimaschutz einzubetten. Ihre Analyse geht jedoch noch einen Schritt weiter und nimmt damit eine Blickrichtung ein, die auch ich teile, da ich die österreichische Klimaschutzministerin Leonore Gewessler ehrenamtlich beraten darf. Denn auch das Ministerium von Habeck ist wie das von Gewessler angetreten, den Klimaschutz unter einem Dach zu vereinen: »Die Grünen hätten sich beim Zuschnitt der Ministerien an Österreich orientieren sollen. Ihre Parteifreundin Leonore Gewessler führt seit Anfang 2020 das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie – das ist tatsächlich ein Superministerium, das dieser Bezeichnung gerecht wird. … Gewessler scheute auch nicht davor zurück, geplante Straßenbauprojekte wie den Lobautunnel in Wien zu stornieren. Das sorgte für Verärgerung bei anderen Parteien, verschaffte den Grünen aber Glaubwürdigkeit, dass sie es ernst meinen mit Klimaschutz. Habeck hat weitaus weniger Eingriffsmöglichkeiten, sein angebliches Superministerium ist nicht ganz so super mit Kompetenzen für die Durchsetzung einer effektiven Klimaschutzpolitik ausgestattet.« Denn meines Wissens existiert so eine konkrete Meilensteinplanung, wie ich sie jedes Quartal in Wien erlebe, nicht in Deutschland – im Gegenteil: Es sollen noch über 140 Autobahnprojekte realisiert werden. OBWOHL dies massive CO2-Emissionen bedeutet und der Verkehrssektor im Vergleich zu 1990 noch keines der avisierten Ziele in der Dekarbonisierung erreicht hat.
  • Macht als Instrument. Manche Menschen habe ich direkt danach gefragt, wie sie zu der Macht stehen, die ihnen qua Amt oder Wahl zugestanden wurde. Auch aus meinem Buch: Till Koglin lebt mit seiner Frau in Schweden und hat 2013 über die Fahrradverkehrsplanung in Kopenhagen im Vergleich zur der in Stockholm promoviert. Zwei skandinavische Hauptstädte: Eine bekannt dafür, Fahrradwelthauptstadt zu sein – die andere so gar nicht. Das machte ihn neugierig, vor allem im Hinblick darauf, welche Machtsysteme hier eine Rolle spielten. »Verkehr war für mich Nebensache, bevor ich angefangen habe, darüber zu promovieren. Gentrifizierung oder Segregation, soziale Probleme in der Stadt haben mich interessiert. Das hat sich dann aber gesteigert, je mehr ich mich mit Mobilität beschäftigt habe. Warum müssen die Autofahrer nicht anhalten, aussteigen und auf den Knopf drücken und warten, bis es grün wird?« Es sei ein grundlegendes Problem, dass man Verkehrsplanung und Stadtplanung meist voneinander trenne. »Dabei kann man die Stadt nicht ohne den Verkehr planen. Ich beschäftige ich mich ganz viel mit den Machtverhältnissen in der Planung. Welche Kultur steckt dahinter? Welche Machtstrukturen in der Gesellschaft beeinflussen wirtschaftliche, kulturelle und soziale Strukturen? Ich finde Privatisierungen von Mobilität falsch. Der Markt kann viele Dinge lösen, aber nicht alles. Mobilität ist ein Recht, das jeder haben sollte, aber das muss dann geliefert werden von der öffentlichen Hand.« Die Menschen, die an Macht geraten und nicht nur darauf aus sind, diese Macht zu erhalten, können sehr viel freier agieren als Jene, die Macht an sich wichtig finden. Weiterer exemplarischer Auszug ist ein Zitat von Filip Watteeuw, Mobilitätsbürgermeister von Gent: Einer der wichtigsten Gedanken, den ich in all den Jahren hatte, ist, dass man jeden Tag etwas tun kann. Jeder Tag kann der letzte Tag sein. In dem einen Moment ist man der mächtigste Mann oder die mächtigste Frau, und am nächsten Tag ist es vorbei. Und wenn man das akzeptiert, dass es nicht um eine lebenslange Karriere geht, dass es nicht um mich geht, sondern um etwas, das man jeden Tag tun kann. Wenn man das akzeptiert, dann kann man entspannt Politik machen. Weil man weiß, dass man es lieber mit Ergebnissen macht als ohne. Was nützt es, 30 Jahre in der Politik zu sein, wenn man keine Ergebnisse vorweisen kann? Das ist einer der wenigen Vorteile des Alters. Das ist auch deshalb wichtig, weil ich eine langsamere und tiefere Politik verfolge.
  • Menschenfreundlichkeit. Die Menschen, die die Welt in Sachen Mobilität und Selbstbestimmung für Schwächere verbessern wollen, mögen Menschen. Sie achten auf die Bedürfnisse von Kindern genauso wie auf die von Behinderten und Armen. Interessanterweise sind sie auch eher Radfahrer:innen als Automenschen, womit ich nicht sagen will, dass die bevorzugte Transportform Rückschluss auf Menschenliebe zulässt. ABER: Wenn diese Menschen in Bussen, Bahnen und auf Rädern sitzen, wenn sie sich mit Rollstuhlfahrer:innen und Älteren durch die von ihnen verantworteten Räume bewegen, bekommen sie eben mit, dass unser Verkehrssystem aktuell massiv autozentriert und damit nicht menschenfreundlich ist.

Ich freue mich, wenn ich Sie neugierig machen konnte auf mein „2. Baby“, das am 29. Mai erscheint. Noch mehr freue ich mich natürlich, wenn Sie nach Klick dieses JETZT vorbestellen!

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