Bei den Verkehrsmitteln für den ländlichen Bereich wäre die Bahn mit 57 g/Pkm (Gramm je Personenkilometer) am klimafreundlichsten, gefolgt vom Linienbus mit 80 g/Pkm und dem deutlich schlechter abschneidenden privaten Pkw mit aktuell durchschnittlich 140 g/Pkm. Funfact: Erlaubt sind eigentlich nur noch 95. Weiterer Funfact: 95 g/km CO2 sind nicht fix, sie unterscheiden sich unter den Herstellern. Bei Flotten mit höherem Gewicht sind höhere Werte erlaubt. Jaguar-Land Rover hat z. B. durch seine vielen Geländewagen ein Limit von 132 g/km. Daher wollen alle schwere E-SUV verkaufen, sie senken den Flottenverbrauch doppelt (durch Supercredits) *und* erhöhen das erlaubte Limit durch ihr Gewicht. Das Ganze pushen wir dann auch noch mit staatlicher Subvention durch Kaufprämien, Kfz-Steuer-Befreiung…
Dabei heißt es gerade auch auf dem Land für mich:
Wir müssen es genau umgekehrt machen!
Für die Übergangszeit sollten kleinere und effizientere Fahrzeuge gefördert werden, bis wir Alternativen aufgebaut haben. Zudem sollten wir „das Land“ zurückführen in die Zeit, in der die Nahversorgung noch in Ordnung war und nicht durch die Automobilität immer mehr an Bedeutung verlor. So kann es sinnvoll sein, Lieferdienste von der Stadt auf das Land anzubieten als einzelne Autos in die Stadt fahren zu lassen. Autohändler:innen könnten auf dem Land sich Unabhängigkeit von Hersteller:innen geben, indem sie nicht nur Autos, sondern Post- und Apothensendungen annehmen und rausgeben und einen kleinen Supermarkt vorhalten, urban gardening ermöglichen, artgerechte Tierhaltung organisieren. Das würde zudem Menschen auf dem Land halten und die Metropolregionen von weiter steigenden Mieten und Verkehr entlasten.
Die Wege, die wir unternehmen, werden nicht mehr, sondern länger. Das kommt vor allem aus unserem Freizeitverhalten, aber auch die Pendler:innenwege steigen. Zugleich stagniert die Nutzung von ÖPNV. Nicht zuletzt, weil der ländliche Raum über Jahrzehnte abgehängt wurde. 1/5 (!!!) der Schienenanbindungen wurden seit der Wiedervereinigung stillgelegt. Die fehlen uns nun. Zu verantworten hat das unsere Verkehrspolitik, die deutlich mehr in die Bundesfernstraßen als in Schieneninfrastruktur investiert hat. Die so genannte Todesspirale macht ländliche Räume zum denkbar schlechtesten Abbild der Stadt: Hoher PKW-Bedarf prägt vor allem kleinstädtische, dörfliche Räume, hier gibt es inzwischen > 600 (!) Pkw auf 1.000 Einwohner:innen, in den Städten weniger als 400 Pkw/TEW. Die Anzahl der kleinen Lebensmittelgeschäfte hat sich zwischen 1990 und 2015 um fast 90 % reduziert. Auch das verlängert Wege. Auch Fakt: Ein Viertel der Wege auch auf dem Land sind unter fünf Kilometern, also in Radwegeentfernung.
Die durchschnittliche Pendler:innenstrecke von 13 KM weist zusätzlich darauf hin, dass auf dem Land manchmal Bequemlichkeit eine Rolle spielt. Schlecht drauf? Ok. Schauen wir auf Lösungen! Die gibt es nämlich zuhauf – im Gegensatz zum politischen Willen, diese zu fördern. Da gibt es zum Beispiel die Idee, den Postbus zu reaktivieren, also wieder mal etwas, was wir mutwillig abgeschafft haben: Den gleichzeitigen Transport von Fahrgästen und regionalen Waren. Meinen Podcast mit @landlogistik findet ihr hier, Beschreibung des Hofer Land Lieferbus powered by @door2doorHQ hier. Die von @OMOBI3 haben in Oberbayern, wo es kaum ÖPNV gab, selbst (!) ein Angebot geschaffen – vor allem, um ihre Region in Murnau von den Tourist:innenverkehren per PKW zu entlasten. Viele Projekte, die das On-Demand-Ridepooling einsetzen, um Mobilitätslücken zu schließen, findet ihr hier: Ländlicher bis suburbaner Raum, alles in D.
Warum pushen wir diese ad hoc zu installierenden Angebote nicht? Autoabhängigkeit ist unmenschlich!
Ebenfalls anders denken könnten wir das mobile Arbeiten. Sollen wir wirklich jeden Tag ins Büro fahren – oder reicht das bei manchen Jobs nicht auch einmal die Woche? Damit meine ich nicht das Belastende des aktuellen Homeoffices. Denn es geht nicht darum, um Wohnbereich auch noch das Arbeiten unterzubringen. Aber es geht darum, den Ort des Arbeitsplatzes frei wählen zu können. Hier könnten sich z B viele Arbeitgeber:innen mal fragen: Woher kommen meine Mitarbeitenden? Kann ich Bürofläche in teuren Stadtgebieten minimieren und Co-Workingflächen zusammen mit anderen Arbeitgeber:innen in Vororten und auf dem Land etablieren? Diese könnten auch wieder Teil der Nahversorgung werden. Erste Ideen habe ich mit Tobias Kremkauf hier besprochen.
Mein Fazit: Unsere Verkehrspolitiker sehen Mobilität nur durch die Windschutzscheibe. Kreative und holistisch agierende Menschen von @cambio_de über @mobileeee_fra bis hin zu @dienstfahrrad verändern Mobilität zum Besseren und sollten mehr Raum erhalten.
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