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Der Preis des Engagements. Strategien zum Umgang mit Twitter-Attacken, rechter Bedrohung und Unmut aus den eigenen Reihen.

Es ist noch nicht einmal der März vorbei und ich fühle mich, als hätte ich bereits ein ganzes 2023 hinter mir. So anstrengend und ereignisreichen war das erste Quartal. Beginnend bei den Tagen in Lützerath inklusive mehrstündiger Polizeikontrolle in Hamburg über den Auftritt bei Anne Will bis hin zur Löschung meines Twitteraccounts wegen eines linken Shitstorms.

Erst dieser Schritt rüttelte einige wach, die zuvor nicht darauf reagiert hatten, wie krass die Bedrohungslage in den Wochen zuvor für mich war.

Mittlerweile ist mein Twitteraccount wieder aktiv, wenn auch nicht in dem Maße wie zuvor, weil ich von vielen liebevoll und nachdrücklich gebeten wurde, meine Stimme auf dieser Plattform nicht verstummen zu lassen. Insgeheim denke ich eh, dass Elon Musk das Großartige, was Twitter für mich mal war (proaktive Infomaschine und Diskurs mit anderen Meinungen) bereits zerstört hat. Richtig aktiv bin ich daher bei Mastodon.

Warum dieser Podcast?

Ich habe in den schlaflosen Nächten nicht nur die Idee zu meinem zweiten Buch entwickelt, dass im Frühjahr 2024 bei Fischer erscheinen und die Mechanismen, die mich in meiner Arbeit seit Beginn begleiten analysieren wird, sondern auch unfreiwillig viel Zeit zum Nachdenken gehabt, denn ich konnte nicht arbeiten und wurde sogar krank.

Sven war einer der Menschen, der sofort auf mich zukam und verstehen wollte, warum ich Twitter den Rücken kehre. Und der mich im besten Sinne warnte, damit zuviel Wert auf die falschen Menschen zu legen.

In unseren Gesprächen entstand dann die Idee, dass ich in meinem Podcast mal bei ihm zu Gast bin und er als Beobachter von außen die Ereignisse einsortiert.

Wie hat Sven unser Gespräch strukturiert?

1) Die Ereignisse: Wie kam es dazu, dass du dein Twitter-Konto gelöscht/ deaktiviert hast?

2) Die Auswirkungen auf dich: Dein Umgang mit den Reaktionen von rechts und dein Umgang mit den Reaktionen von links

3) Der „Abschied von der Gruppe“: Kann man sich politisch engagieren und gleichzeitig eine gesunde Distanz zu den Gruppen, Parteien, Bewegungen halten, in denen man sich engagiert?

4) Krisenpsychologie: Wie bewältigt man eine emotionale Krise, die durch Twitter-Attacken, Drohungen und/ oder Unmut aus den eigenen Reihen ausgelöst wurde?

Ich habe in diesem Gespräch noch einmal mehr neue Erkenntnisse für mich mitnehmen können. Zum Beispiel dieser „Kampf“ um Zugehörigkeit zu „links“, den ich mir habe aufschwatzen lassen. Nie habe ich irgendwo statuiert, dass ich mich als Radikale im linken Spektrum sehe, aber stets darauf reagiert, wenn mir vorgeworfen wurde, „zu wenig links“ zu sein. Absurd im Rückblick – aber ich habe mich da immer erklärt. Ich denke, wir alle sind auf der Suche nach einem „wir“, gerade ich als Aktivistin, Autorin, mit 1001 Hut und Zuschreibungen habe mich der Illusion sehr bereitwillig hingegeben, dass meine Nähe und Solidarität zu bestimmten Menschen auf Gegenseitigkeit beruht. Tat sie nicht. Das ist auch nicht weiter schlimm, weil ich es jetzt erkenne und wie nach einem Gewitter klarer sehe und fokussierter bin.

Sven hat mich ermutigt, mir den Raum zu nehmen, meine Geschichte zu erzählen. Dabei wird es auch an einigen Stellen emotional, denn natürlich ist das Erlebte noch sehr nah, hat Wunden geschlagen, die es zu heilen gilt.

Ich freue mich, wenn ihr aus unserem Gespräch was mitnehmen könnt. Sei es, dass ihr die Ereignisse um meine Person besser versteht oder auch für euch selbst Erkenntnisse gewinnt, wie ihr agieren könnt, wenn ihr solche Attacken auf Dritte beobachtet.

Wenn ihr der Meinung seid, dass meine Arbeit euch etwas wert ist, dann schaut gern auf steady vorbei. Ab fünf Euro im Monat könnt ihr dort meinen monatlichen Newsletter abonnieren. Aktuell habe ich auch Pakete für Unternehmer:innen geschnürt mit 10 oder 20 Gastzugängen und der Möglichkeit, sich einmal im Jahr mit mir virtuell zu treffen. Ob für ein Teammeeting oder eine Lesung, das bleibt euch überlassen.

Stay strong!

6 Gedanken zu „Der Preis des Engagements. Strategien zum Umgang mit Twitter-Attacken, rechter Bedrohung und Unmut aus den eigenen Reihen.“

  1. Liebe Katja,
    ich habe diese 2,5 Stunden aufmerksam verfolgt, dich noch etwas besserer kennen gelernt und mich – wenn auch einen ganz anderen beruflichen u inhaltlichen Kontext betreffend – an manchen Stellen wieder erkannt. Die Erfahrung, keinen Support und Schutz von Menschen zu erhalten, von denen ich diese Achtsamkeit und Wertschätzung meiner Person gegenüber eigentlich nie in Frage gestellt hätte, das trifft ganz tief und hat hohes Verletzungspotential. Ich kann dir auch sagen warum: weil wir zu den Empathie begabten Menschen zählen, denen sowas nicht im Traum einfallen würde, denn wir können es uns vorstellen, was das mit dem Gegenüber macht! Da es um uns rum immer wieder Menschen von der unguten Sorte gibt, müssen wir für uns selbst gut sorgen! „SELBSTFÜRSORGE“ stand auf einem kleinen Zettelchen, der lange Zeit auf meinem Nachtschränkchen gelegen hat. Achtsamkeit der eigenen Seele gegenüber ist wichtig, das musste ich auch erst lernen – mühsam – und mir immer wieder anerkennend in Erinnerung rufen, damit es auch passiert!
    Fühl dich liebevoll und herzlich umarmt! Wie schön, dass wir uns persönlich kennen!

    1. Ich danke dir. Dein Mitbringsel wohnt jetzt wie angekündigt in einem kleinen Säckchen mit dem Stern aus Stein und der Kappe der Champagnerflasche, die eine Freundin mitbrachte, als das erste Buch rauskam <3

  2. Sehr geehrte Frau Diehl,
    liebe Katja,

    Du hast meinen vollen Respekt für Deine Geschichte. Ich hoffe, dass es weiterhin Menschen wie Dich geben wird, die dem Irrsinn des Status normalis die Stirn bieten. Freilich so gewappnet, um nicht selbst Schaden zu nehmen.
    Ich wünsche Dir, dass Du erholen kannst und die Zeit findest eine persönlich gelingende Strategie zu finden.
    Danke für Dein Engagement.
    Lieben Gruß, Toni

  3. Liebe Katja Diehl,

    ich bin keine geduldige Podcast-Hörerin. Als ich die Länge von über zweieinhalb Stunden gesehen habe, dachte ich, das schaffe ich nie, und ich habe auch wirklich eine Pause gebraucht – aber ich bin „dran“ geblieben. Deine Geschichte hat mich mitgenommen. Ein Gespräch entscheidet also über Integritität – nicht das, was du seit Jahren tust, wofür du unermüdlich kämpfst und wofür du in der Öffentlichkeit einstehst. Das ist interessant.
    Hut ab für deine Offenheit. Danke, dass du gezeigt hast, was Hass und Hetze von rechts und links selbst mit so klaren und starken Menschen wie dir machen – und wie du aus dieser Krise wieder herausgekommen bist! Ich finde es mutig und ich nehme viel für mich mit.
    Liebe Grüße Susanne

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