Wenn dir diese oder auch eine andere Folge gefällt, lass´ gern eine Bewertung da und/oder supporte mich per Ko-Fi oder PayPal. Meinen wöchentlichen Newsletter gibt es bei steady. Mein zweites Buch „Raus aus der AUTOkratie – rein in die Mobilität von morgen!“ kann ab sofort vorbestellt werden. Ich freue mich, wenn du das machst, denn das hilft nischigen Sachbüchern wie dem meinen, wahrgenommen zu werden. Ihr wisst schon: Kapitalismus – Carpitalism – und dann erst das Paradies für alle. Seit ein paar Tagen steht auch fest, wo die Buchpremiere stattfinden wird:
Am 3. Juni um 20 Uhr sehen wir uns im Frannz Club Berlin!
Zudem: Ich habe grad damit begonnen, für alle Podcasts auch Transkripte bereit zu stellen, auf dass noch mehr Menschen, die nicht so gern hören oder nicht so gut hören können, an meinen Inhalten teilhaben.
Und damit zur Folge.
Bei mir zu Gast: Isabell Eberlein von velokonzept und Hanna Bauer von Schindelhauer Bikes. Natürlich konnten wir nicht über Lastenräder sprechen, ohne auf die erhitzte Debatte rund um die Sicherheit von Kindern in Lastenrädern zu blicken. Erfreulicherweise sind mittlerweile wieder ein Drittel aller Kinder mit dem Rad unterwegs. Davon einige auch im Lastenrad. Und auch wenn die Gesamtzahl der verkauften Lastenräder anteilig am Fahrradmarkt gemessen eher nischig ist (2023 wurden 235.250 Lastenräder neu gekauft), entspricht die Empörung, die manche gegenüber dieser Radform zu empfinden in der Lage sind fast dem Hass auf Sharing-E-Scooter. Beiden gemein: Sie lenken mit der Wut, die ihnen entgegenschlägt, unfreiwillig vom eigentlichen Problem ab: 49, 1 Millionen Pkw in Deutschland – und damit der mit Abstand größten CO2-Quelle im Verkehrssektor.
Der aktuellen Empörung vorausgegangen war ein Skandal rund um die zuvor aufgrund ihrer vergleichsweise niedrigen Preise beliebten Lastenrad-Marke Babboe aus den Niederlanden. Hier wurden durch die niederländische Behörde NVWA massive Sicherheitsmängel festgestellt, nachdem zuletzt vermehrt Rahmenbrüche aufgetreten waren. Und noch mehr: Die Behörde wirft dem Hersteller or, die Mängel nicht gemeldet zu haben. Auch sei die Ursache der Defekte nicht ausreichend untersucht und es seien keine Maßnahmen ergriffen worden. Daher prüfen nun Staatsanwaltschaft und Behörd, ob Babboe fahrlässig gehandelt hat. Hier ist Isabell ganz klar: Fahrräder müssen wie alles andere, was auf der Straße bewegt wird, sicher für Nutzer:innen und Umgebung sein. Dennoch ist sie im Gespräch mit mir auch anderweitig ganz klar: Der aktuelle „Skandal“, der eine Untersuchung der Unfallversicherer nutzt, um Lastenräder als gefährlich für Kinder darzustellen, ist ebenso unzulässig. Zumal die UDV selbst in der Studie hervorhebt: Nach den für 2022 verfügbaren Zahlen ereigneten sich in Deutschland 222 Unfälle, zwölf Kinder wurden dabei schwer verletzt. Unfallgegner bei Radunfällen mit mitfahrenden Kindern ist laut UDV meist ein Auto. Zum Vergleich: Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, kamen 2022 25 800 Kinder unter 15 Jahren bei Unfällen im Straßenverkehr zu Schaden, Im Schnitt wurde 2022 alle 20 Minuten ein Kind bei einem Verkehrsunfall verletzt oder getötet. 51 Kinder überlebten die Kollisionen nicht.
DESTATIS weiter: Unter 6-Jährige sind oft im Auto mit betreuenden Erwachsenen unterwegs, dem zufolge verunglücken sie hier am häufigsten (58 % im Jahr 2022). Schulkinder sind mit zunehmendem Alter selbstständig im Straßenverkehr unterwegs – entsprechend steigt der Anteil der Radfahrenden und Fußgängerinnen und -gänger unter den Verunglückten. 6- bis 14-Jährige verunglückten am häufigsten auf ihrem eigenen Fahrrad (42 %), 28 % in einem Auto sowie 21 % zu Fuß.
Hanna Brauer hat sich einer anderen Facette des Lastenrads gewidmet.
Die Nachhaltigkeits-Managerin untersuchte in ihrer 237-seitigen Bachelor-Arbeit, inwieweit aktuelle Lastenräder den Anforderungen von verschiedenen Nutzer:innengruppen entsprechen.
Größtes Problem: Meist wird so ein Rad im Laden gekauft, ohne dass Gepäck, Kind, Abdeckung.. im Praxistest im und am Rad untergebracht werden. Daher wünschen sich auch viele nach ihrem ersten Lastenradkauf: „Ich hätte mir das Rad gern mal eine Woche ausgeliehen, um alles daran zu testen!“ Hanna hat hier die Herangehensweise der Nutzer:innenbeobachtung angewandt und immer wieder nach dem Warum? gefragt. So entstand ein Anforderungskatalog für Lastenrad-Design mit zehn 10 Schwerpunkten, die von Hanna jeweils mit praktischen Beispielen aus der Beobachtung hinterlegt worden sind.
Der Auslöser für die Thesis? Ausgerechnet ein Ärgernis von Babboe 😀
„Ein echtes Lastenfahrrad für Damen: das Babboe Cargobikes Mini
Dieses kompakte Lastenfahrrad ist kürzer als ein standardmäßiges Zweirad-Lastenfahrrad, leicht und fährt sich wie ein normales Fahrrad. Das Babboe Mini eignet sich daher optimal als Lastenfahrrad für Damen.“
Hanna: „Im Umkehrschluss heißt das also Frau = klein, schwach und nicht den standardmäßigen zweirad-Lastenrädern gewachsen. WTF?“§
Hanna fragte sich: Wie kamen diese Anforderungen und Assoziationen zustande und warum wurde nicht über die gängigen sexistischen Stereotype hinaus gedacht? Um die Reproduktion diskriminierender Narrative zu vermeiden und über die physische Ebene hinaus zu denken, braucht es gendergerechte Produktanforderungen.
Besonderes Augenmerk von Hanna liegt dabei auf den nicht-körperlichen Merkmalen, die sich aus den etablierten Gesellschaftsstrukturen und den traditionell verankerten Genderrollen ergeben. Die Thesis ist auf Deutsch verfasst und lässt sich hier herunterladen. Die Darstellung der Hauptergebnisse und der 10 Prinzipien für gendergerechtes Lastenraddesign sind auch auf Englisch enthalten.
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