„Jeder sollte das Recht haben, ein Leben ohne eigenes Auto führen zu können.“ So formuliert Katja das Ziel, das sie mit ihrem Buch „Autokorrektur“ erreichen möchte. Das ist aber alles andere als einfach, denn viele Menschen sind in ihrer täglichen Mobilität auf das Auto angewiesen, ob sie wollen oder nicht. Schuld an diesem Umstand trägt vor allem eine jahrzehntelange falsche Raum- und Verkehrsplanung, angeleitet durch eine Fokussierung auf ein klassisches Familienbild mit klassischer Rollenverteilung. Das Auto ist dadurch ins Zentrum gerückt worden, weist Katja Diehl nach und fordert Änderungen ein, zuerst einmal eine Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer*innen.
Auf „Gleichberechtigung“ könne man sich schnell mal einigen, erzählt Katja Diehl im FM4-Interview von Vorträgen, für die sie als Mobilitätsexpertin gebucht wird. „Wenn ich aber sage, dass das auch heißt, dass Autoprivilegien fallen müssen, dann wird es schon wieder ein bisschen ungemütlicher.“
Autoprivilegien fallen gar nicht mehr auf
Der Abbau von Autoprivilegien ist für Katja Diehl der zentrale Bestandteil, um Mobilität für alle zu schaffen, aber auch für mehr Lebensqualität in Stadt und Land. Autoprivilegien sind aber so lange vorhanden und so zahlreich, dass sie uns oft gar nicht auffallen würden.
Das beginnt im öffentlichen Raum, der in der Stadt zu einem großen Teil dafür dient, Autos abzustellen, geht weiter mit Subventionen für Dienstwägen, Diesel, Autopendeln etc. Automobilität bringt zu vielen Menschen, die nicht im Auto sitzen, Nachteile. Hier Gleichberechtigung anzupeilen heißt Park- und Fahrspuren für den öffentlichen Verkehr, für Radfahrer*innen und Fußgänger*innen umzuwidmen und die Ampelschaltungen für sie anpassen, das Tempo des Autoverkehrs zu drosseln etc.
Man muss Autofahren unbequemer machen
Reine Alternativangebote zum Auto zu schaffen, sei zu wenig, um die Menschen zum Umsteigen zu bewegen, das weiß Katja Diehl aus eigener Erfahrung. In ihrem eigenen Wohnviertel, dem Hamburger Stadtteil Eimsbüttel wären etwa alle Alternativen zum Auto vorhanden, von der U-Bahn, die direkt zum Hauptbahnhof führt, über Leihräder, E-Scooter, Taxis, On-Demand-Ride-Pooling, etc. und dennoch sei das Viertel immer zugeparkt. Man müsse Irritationen erfahren, um das zu ändern:
„Du kannst so viele Angebote hinstellen, wie du willst, wenn die Automobilität so bequem bleibt, wie sie heute ist und so billig in dem Sinne, dass sie subventioniert wird, dann wird sich nichts verändern. Du musst beides machen, push und pull sagt man so schön. Erst dann wird sich etwas verändern an diesen starken Routinen, was Mobilität ja ist.“
Negatives Framing stört nicht
Dass „jemandem etwas wegzunehmen“, nicht besonders positiv besetzt ist, stört Katja Diehl nicht. Mit ihrem Buch will sie zeigen, dass der Status Quo nämlich ein dysfunktionales System ist, und nicht der Garten Eden, aus dem wir nun vertrieben werden. Ihr Buch „Autokorrektur“ soll eine Einladung sein, Geschichten kennenzulernen von Menschen, die nicht automobil sind oder sein wollen, von denen sie dutzende in ihrem Buch versammelt.
Fischer Verlag
„Autokorrektur“ von Katja Diehl ist im S. Fischer Verlag erschienen. Hier gibt’s eine Leseprobe.
Obwohl „Autokorrektur“ ein Buch über die Situation in Deutschland ist, ist die Situation in Österreich nicht sehr viel anders, obwohl Diehl, die auch beratend für Österreichs Verkehrsministerin Leonore Gewessler tätig ist, hier etwa das Klimaticket lobt und die Bereitschaft, etwas zu verändern.
Für Deutschland und Österreich gilt beiderseits, dass die Verkehrswende nur ein Umsetzungsproblem ist, sowohl was die Stadt als auch das Land betrifft. Alle Lösungen sind bereits vorhanden und wir müssen nicht auf einen Technologiewandel warten. Es brauche vor allem Führungskräfte, sowohl in der Politik als auch in der Industrie, die konsequent den Weg der Verkehrswende auch mit den Zielen des Pariser Klimavertrags verfolgen, sagt Katja Diehl, dann würde die Verkehrswende auch gelingen.
Bis es soweit ist, sei sie vielleicht auch die „Suffragette der Mobilitätswende“, als die sie ein Karikaturist bereits einmal gemalt habe, eine Figur, mit der sie sich durchaus anfreunden könne. „Auch die Suffragetten haben zum Teil gar nicht mehr erlebt, dass Frauen wählen durften, aber sie haben den Weg bereitet. Und solange es diese Ungerechtigkeit gibt, kann ich das Thema auch nicht loslassen.“
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