Eine Stadt der Zukunft bringt alle Menschen auf die Straße, verändert den Stellenwert des Autos und hat auch das Umland im Blick. Träumen ist erwünscht – konkretes Umsetzen auch.
Von Teresa Preis
Für wen ist eine Stadt gedacht? Schon beim bewussten Gang vor die Haustür fällt rasch auf, wer am meisten Platz bekommt. Parkplätze, Garagen, breite oder mehrspurige Straßen: Im Fokus steht das Auto. Es fällt schwer, den Status quo zu hinterfragen, sind wir doch den zur Verfügung stehenden geringen Platz als Radfahrende und Fußgänger/innen gewöhnt. Doch im Zeichen der
Klimakrise ist Träumen nicht mehr nur erlaubt, sondern ganz klar erwünscht. Wir brauchen einen Plan dafür, wie wir leben wollen.
Um sich auf Utopien einzulassen, braucht es vor allem eines: den Mut, Bestehendes zu hinterfragen. Das macht Katja Diehl beim Thema Mobilität bereits seit mehr als
15 Jahren. In »Autokorrektur. Mobilität für eine lebenswerte Welt« stellt sie ihre persönliche Stadt der Zukunft vor. Ihr Ziel, das Verkehrssystem weniger ableistisch, weniger sexistisch, weniger rassistisch und weniger patriarchal zu gestalten, bringt sie zu klaren Anregungen für eine Welt, in der alle Platz haben. Was auf den ersten Blick mit Verkehrsplanung nichts zu tun zu haben
scheint, vermag auch begeisterte Autofahrer/innen zu überraschen. Diehl ist nicht gegen das Auto an sich, aber gegen den Stellenwert, den es aktuell im Straßenbild hat.
Nah-, Rad- und Fußverkehr müssen sich stets dem Auto unterordnen. Statt längere Strecken schneller zurücklegen zu können, sollte eine verbesserte Infrastruktur die Wege kürzer werden lassen, um zu vermeiden, etwa aufgrund von Staus noch mehr Zeit in Autos verbringen zu müssen. Mehr Car-Sharing – besonders auch in ländlicheren Gegenden –, mehr Platz für Fahrräder und vor allem das Mitbedenken aller vulnerablen Personen, die heute
nicht oft im öffentlichen Alltag gesehen werden, gehören zu ihren Forderungen.
Räume sollten aus der Perspektive des Menschen und nicht aus der Perspektive des Autos geplant werden. In ihrer Vision sieht man spielende Kinder auf der Straße, können Rollstuhlfahrende auch mal gemütlich für einen Plausch stehen bleiben, wenn sie auf dem Weg zur Bäckerei sind. Städte müssten in diesem Sinn kleinteiliger, verdichteter und entschleunigt werden. Ihre zentrale Frage ist dabei klar: »Ist das gesunder Raum, der nur den ver-
meintlich Starken gehört?« Mit praktischen Vorschlägen und radikalen Forderungen zeigt sie, dass eine bessere Welt für Minderheiten letztendlich auch ein besserer Ort für die Mehrheit wird.
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