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Interview zur herCareer 2019

„Ich habe das Gefühl, dass Frauen immer noch unterschätzen, wie wichtig Netzwerken und der Austausch untereinander sind.“
Katja Diehl hätte nicht gedacht, mit Anfang 40 sagen zu müssen, dass sie die Quote für Frauen in Führungspositionen bei weitem nicht mehr so abwegig findet wie noch als junge „Karrierefrau“. Schließlich meint man, dass gute Leistung auch als solche anerkannt wird. Viele Männer versuchen und tun das auch, aber das „System“ ist in Deutschland noch bei weitem nicht so weit. Denn die Welt ändert sich ein Stück, wenn man auf Augenhöhe agiert, will heißen, in den engeren Kreis der Macht gelangt. Durch Vernetzung mit Frauen weiß Katja Diehl, dass es gut tut und wichtig ist, sich auszutauschen – und dann manches anders zu verstehen. Sie möchte Frauen ermutigen und sensibilisieren, dass es nicht unbedingt ein Problem ist, dass Männer und Frauen auch im Beruf unterschiedlich ticken, dass es aber beachtenswert sein sollte. In ihrem von der PANDA GmbH präsentierten MeetUp „Führungsfrau in Männerdomänen. Erfahrungsaustausch (auch über Quoten)“ auf der herCAREER lud sie zum Austausch und Netzwerken ein.

Frauen in Führungspositionen
herCAREER: Wie sind Sie in Führung gekommen – noch ohne Quote? Was haben Sie immer beherzigt auf Ihrem Weg?
Diehl: Meine Karriere als Karriere zu bezeichnen musste ich erst lernen. Vor ein paar Jahren, als mir eine Kollegin schilderte, wie sie meinen Weg von außen sieht, fiel der Groschen: ja, das habe ich mir alles erarbeitet und verdient. Es ist kein Zufall, ich habe das selbst „gebaut“. Beherzigt habe ich dabei immer, alle Kolleginnen und Kollegen gleich zu behandeln. Zum einen wurde ich so erzogen, zum anderen finde ich es hilfreich, vom Pförtner bis zum Vorstand gute Beziehungen zu pflegen, Loyalität zu leben und selbst zu empfangen.

herCAREER: Wie können Frauen sich gegenseitig unterstützen – im Alltag, im Kleinen, abseits von einer Quote?
Diehl: Ich habe das Gefühl, dass Frauen immer noch unterschätzen, wie wichtig Netzwerken und der Austausch untereinander sind. Netzwerken habe auch ich zunächst ein wenig abgetan. Was bitte soll das bringen? Letztlich netzwerken Männer und Frauen durchaus unterschiedlich, aber gerade in letzter Zeit nehme ich positiv wahr, dass Frauen, die ich selbst interessant finde und die ihren Weg gegangen sind, zusammen Dinge ins Leben rufen, die allen zugute kommen. Ein Beispiel dafür ist PANDA, für die ich ja auch auf dieser Messe sprechen darf: Hier wird konstruktiv, mit Spaß, Kompetenz und Elan vernetzt und an wichtigen Themen hochprofessionell gearbeitet.

herCAREER: Wie haben Sie Unterstützer gefunden, Männer oder Frauen? Wie gehen Sie mit Kritikern um?
Diehl: Bei einem Seminar war genau das die Aufgabe: Malen Sie Ihr Netzwerk. Ich war erstaunt, wie viele Menschen mir beruflich einfielen, die mich auf meinem Weg begleitet, gecoacht und gefördert haben! Diejenigen, die mir Unterstützung gegeben, aber auch welche von mir bekommen haben, taten das nicht aus einer geschlechtlichen Rolle heraus, sondern hatten eher dieselben Werte und Normen wie ich in Sachen Mitarbeiterführung, Wertschätzung und konstruktivem Umgang miteinander. Und nicht zuletzt: Auch einen ähnlichen Humor, denn der hilft letztlich sehr, angespannte Situationen zu lösen.

Konstruktive Kritik ist etwas, was ich ad hoc erstmal nur annehme. Ich bin nicht gut darin, sofort in der Kritiksituation mich dazu zu äußern, sondern lasse erst sacken – und mache etwas damit. Leider haben wir in Deutschland keine gute Feedback-Kultur. Ich denke, wenn Feedback mehr Teil des beruflichen Alltags wäre, fiele konstruktive Kritik als Routine viel leichter. Nicht sachgemäße oder persönliche Kritik hingegen lässt mich mittlerweile (fast) kalt. Ich habe gelernt, dass es da meist gar nicht um mich geht, sondern um andere Konflikte, die im Hintergrund stehen.

herCAREER: Gerade in Führungspositionen fehlt ja heute in den Unternehmen oft noch Flexibilität. Wie schaffen Sie Balance zwischen Beruf und Privatleben?
Diehl: Es ist die Frage: Fehlt den Unternehmen die Flexibilität – oder wird sie von den Angestellten gar nicht erst eingefordert? Mein Arbeitgeber ist sehr modern aufgestellt, aber nicht jeder, die Zugriff auf Möglichkeiten hat, nimmt diese auch wahr. Viele verbleiben im gewohnten „9 to 5“. Ich habe Vertrauensarbeitszeit, die ich mir flexibel einteilen kann. Auch Homeoffice ist möglich. Das Unternehmen will zu Recht, dass ich meinen Job gut mache und mich melde, wenn etwas nicht stimmt. Ich habe einen tollen Familien- und Freundeskreis, Hobbys, die für Ruhe und Ausgeglichenheit sorgen – und: ich arbeite gern. Das ist sicher auch ein wichtiges Detail.

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